Aktuelle Ernährungsmedizin 2021; 46(04): 233-239
DOI: 10.1055/a-1261-9010
Originalarbeit

Refeeding-Syndrom: Was wissen Humanmedizinstudierende im letzten Studiensemester?

Refeeding Syndrome: What is the Knowledge of Medical Students in their Last Semester?
Mirjam Bauer
1   Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit, Fachbereich Ernährung und Diätetik
,
Andrea Dolder
1   Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit, Fachbereich Ernährung und Diätetik
,
Zeno Stanga
2   Inselspital Universitätsspital Bern, Diabetologie, Endokrinologie, Ernährungsmedizin und Metabolismus; Universität Bern, Medizinische Fakultät
,
Silvia Kurmann
1   Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit, Fachbereich Ernährung und Diätetik
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Zusammenfassung

Hintergrund Das Refeeding-Syndrom (RFS) ist eine Stoffwechselreaktion verursacht durch eine inadäquate Wiederernährung nach einer Hungerphase. Das RFS ist gekennzeichnet durch eine Serumelektrolyt- und Flüssigkeitsverschiebung, welche schwerwiegende Folgen wie Herzrhythmusstörungen verursachen können und gelegentlich zum Tod führen. Zur Prävention sind eine frühzeitige Risikoerkennung sowie ein angepasstes Ernährungsmanagement notwendig. Verschiedene Studien weisen auf ein unzureichendes Wissen der Ärzteschaft hin. Für die Schweiz existieren zum heutigen Zeitpunkt keine Daten. Mit dieser Studie wurde der Wissensstand der Humanmedizinstudierenden der Deutschschweiz im letzten Semester zum RFS untersucht.

Material und Methodik Das Wissen wurde mittels Onlinefragebogen erfasst. Dieser enthielt 15 Multiple-Choice-Fragen. Die maximal mögliche Gesamtpunktzahl betrug 20 Punkte. Die Ergebnisse wurden gemäß Schweizer Notenberechnung beurteilt (beste Note 6, schlechteste Note 1). 60 % der Punkte mussten erreicht werden, um ein genügendes Ergebnis (Note 4) zu erreichen.

Ergebnisse 79 von 540 Studierenden beantworteten den Fragebogen, was einer Rücklaufquote von 14,6 % entspricht. Die Studierenden erreichten durchschnittlich 9,9 Punkte (50 % der Gesamtpunktzahl). Das Resultat von 53 % der Studierenden war ungenügend. Neun von 79 Studierenden (11,4 %) war das RFS unbekannt.

Schlussfolgerung Das Wissen der Schweizer Humanmedizinstudierenden zum RFS ist nicht zufriedenstellend und sollte unbedingt optimiert werden. In stationären Einrichtungen ist ein flächendeckendes Ernährungsscreening mit einem validierten Instrument empfohlen. Risikopatienten für eine Mangelernährung sollten an eine Ernährungsberatung (ERB) überwiesen werden. Die ERB erkennt im Ernährungsassessment das Risiko für ein RFS und kann in Zusammenarbeit mit der behandelnden Ärzteschaft den Ernährungsaufbau planen. Eine gute multiprofessionelle Zusammenarbeit ist unerlässlich, um Komplikationen zu verhindern.

Abstract

Background Refeeding syndrome (RFS) is a metabolic reaction caused by inadequate refeeding after starvation. It is associated with electrolyte and fluid shifts. Severe consequences such as cardiac arrhythmia and death are possible. Prevention entails risk detection and adequate nutritional management. Several studies point to inadequate knowledge of physicians. No data is available for Switzerland. This trial aimed to investigate the knowledge on RFS of medical students in their last semester in German speaking Switzerland.

Material and Methods The knowledge of medical students was tested using an online questionnaire including 15 multiple-choice questions. The maximum total score was 20 points. Results were evaluated using standard Swiss educational grading system (best grade 6, worst grade 1). A minimum of 60 % total score was needed for a satisfactory result (grade 4).

Results Ninety-seven of 540 students answered the questionnaire, which corresponds to a response rate of 14.6 %. The students achieved an average score of 9.9 points (50 % of the total score). 53 % of the students showed insufficient knowledge. The RFS was unknown to nine of 79 students (11.4 %).

Conclusion The knowledge of Swiss medical students on RFS is unsatisfactory and should be optimized. In clinical practice, a nutritional screening with a validated tool is recommended in all inpatients. Patients at risk for malnutrition should be referred to a dietitian for nutritional assessment. The dietitian recognizes the risk of RFS and may subsequently plan nutritional management in collaboration with the treating physicists. A well-functioning multiprofessional collaboration is essential to prevent complications.



Publication History

Article published online:
18 August 2021

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