Klin Monbl Augenheilkd 2020; 237(12): 1455-1461
DOI: 10.1055/a-1274-3675
Klinische Studie

Real-Life-Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von topischen NGF-Augentropfen (Cenegermin)

Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch
Sarah Barbara Zwingelberg
Zentrum für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Köln, Deutschland
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Björn O. Bachmann
Zentrum für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Köln, Deutschland
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Claus Cursiefen
Zentrum für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Köln, Deutschland
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Zusammenfassung

Hintergrund Augentropfen mit dem Wirkstoff Cenegermin, eine rekombinante Form des menschlichen Nerve Growth Factor (NGF), wurden 2015 als Orphan-Arzneimittel zur Behandlung der neurotrophen Keratopathie (NK) zugelassen.

Ziel der Arbeit Die Wirksamkeit und die Verträglichkeit von Cenegermin bei Patienten mit NK in einem universitären Zentrum für Augenheilkunde im Real Life Setting retrospektiv zu untersuchen.

Methoden Patienten mit einer neurotrophen Erosio der Hornhaut (NK Stadium II) und mit einem neurotrophen Hornhautulkus (NK Stadium III), die mit Cenegermin an der Universitätsaugenklinik Köln im Zeitraum zwischen 2017 und 2019 behandelt wurden, haben wir retrospektiv analysiert.

Ergebnisse Es wurden 7 Augen mit einer NK II und 4 Augen mit einer NK III mit einer medianen Beobachtungsdauer von 13,5 ± 7,1 Monaten (1,2 – 20,3 Monate) von insgesamt 11 Patienten in die Studie eingeschlossen. Das mediane Patientenalter betrug 42,8 ± 23,6 Jahre (18 – 75 Jahre). Vor Therapiebeginn betrug die mediane Fläche der Hornhauterosiones 3,1 ± 1,4 × 1,9 ± 1,1 mm und die mediane Fläche der Hornhautulzerationen 2,3 ± 1,1 × 2,1 ± 0,8 mm. Nach Therapiebeginn mit Cenegermin (Applikation 6×/d) schloss sich bei allen 11 Studienaugen (100%) der Epitheldefekt innerhalb von 4 – 12 Wochen (Mittelwert: 49 ± 9 d). Bei 9 von 10 Patienten (90%) mit einer kornealen Neovaskularisation bildete sich diese fast komplett zurück (p < 0,001). Vor Therapiebeginn zeigte sich ein Luneau-Wert von 2,9 ± 1,9 (Minimum 1/6, Maximum 4/6). Dieser stieg nach 18 Monaten auf einen medianen Wert von 4,2 ± 1,7 (Minimum 2/6, Maximum 6/6) an (p = 0,015). Die Therapie unter Cenegermin hatte keinen Langzeiteffekt auf den Augeninnendruck: Die Tensiowerte lagen im Median bei 13,2 ± 4,1 mmHg (Minimum 8 mmHg, Maximum 21 mmHg). Unter der Therapie mit NGF-Augentropfen zeigt sich bei 67% nach initialem Abfall eine Verbesserung der Sehschärfe (BSCVA) von 0,72 ± 0,31 logMAR bei Erstvorstellung auf 0,46 ± 0,29 logMAR nach 18 Monaten (p = 0,005). Ein Rezidiv in Form einer Erosio corneae wurde lediglich bei 1 Auge beobachtet. Ein Patient musste die Therapie wegen Schmerzen bei der Tropfenapplikation vorzeitig beenden. Weitere lokale und systemische Nebenwirkungen konnten nicht beobachtet werden.

Diskussion Im klinischen Einsatz zeigt eine Therapie der NK II und NK III mit Cenegermin-Augentropfen eine gute Wirksamkeit mit verhältnismäßig wenig Nebenwirkungen bei einer mittelfristigen Nachbeobachtungszeit von 18 Monaten. Größere „Real-Life“-Kohorten mit längeren Nachbeobachtungszeiträumen sind nötig, um diese Ergebnisse weiter zu validieren.



Publikationsverlauf

Eingereicht: 01. September 2020

Angenommen: 27. September 2020

Artikel online veröffentlicht:
07. Dezember 2020

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