Zusammenfassung
Einleitung Aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie erfolgten Einschränkungen im Fach der Orthopädie
und Unfallchirurgie durch das Gesundheitsamt. Neben der Verlegung von elektiven operativen
Eingriffen erfolgte auch die drastische Reduktion der Sprechstunden. Hierdurch kam
es zu einem deutlichen Anstieg von telemedizinisch durchgeführten Sprechstunden zur
Gewährleistung der Patientenversorgung. Die Zielsetzung dieser Arbeit ist, die Umsetzbarkeit
einer klinisch-orthopädischen Untersuchung der Hüfte und des Beckens durch telemedizinische
Verfahren im Rahmen einer Videosprechstunde zu untersuchen.
Material und Methoden Im Rahmen der vorliegenden Auswertung wurden 29 stationäre Patienten eines deutschen
Universitätsklinikums rekrutiert und im Rahmen einer Videosprechstunde und konventionell
untersucht. Anschließend wurde die Übereinstimmung der erhobenen Befunde ausgewertet
und Zusammenhänge mit patientenspezifischen Daten wie Alter, BMI und ASA-Klassifikation
untersucht.
Ergebnisse Es zeigte sich eine gute Übereinstimmung der Inspektion mit einem durchschnittlichen
Cohens Kappa von 0,76 ± 0,37, eine angemessene Übereinstimmung der Palpation mit einem
durchschnittlichen Cohens Kappa von 0,38 ± 0,19, eine gute Übereinstimmung der Funktion
mit einem durchschnittlichen Cohens Kappa von 0,61 ± 0,26 und eine angemessene Übereinstimmung
der Bewegungsausmaße mit einem Cohens Kappa von 0,36 ± 0,19. Es zeigte sich ein signifikanter
positiver Zusammenhang zwischen Anzahl der Abweichungen der verschiedenen Untersuchungen
und Alter (p = 0,05) und ein positiver signifikanter Zusammenhang zwischen Anzahl
der nicht durchführbaren Untersuchungen und Alter (p < 0,01), BMI (p < 0,01) und ASA-Klassifikationswert
(p < 0,01).
Diskussion Vor allem die Inspektion und Funktion sind gut untersuchbare Parameter während Palpation,
Provokation und die Erfassung der Bewegungsausmaße eine limitierte Aussagekraft zeigen.
Bei begrenzter Anzahl der Probanden ist die Aussagekraft eines statistisch relevanten
Zusammenhangs zwischen patientenspezifischen Faktoren wie Alter, BMI und ASA-Klassifikationswert
und der validen und erfolgreichen Durchführung einer telemedizinischen Untersuchung
limitiert. Die Autoren sprechen sich für eine gezielte Patientenselektion aus. Sollten
dennoch sehr alte (> 75 Jahren), adipöse (BMI > 30) oder stark vorerkrankte Patienten
(ab ASA 3) untersucht werden, ist Vorsicht geboten. Es bedarf in der Zukunft weiterer
großangelegter, prospektiver Studien, um eine ausreichende Validierung einer telemedizinischen
Untersuchung in der Orthopädie und Unfallchirurgie zu erreichen.
Schlussfolgerung Die telemedizinische Untersuchung von Hüftgelenk und Becken ist mit Einschränkungen
möglich. Patientenspezifische Faktoren wie Alter, BMI und Grad der Vorerkrankungen
scheinen einen relevanten Einfluss auf die Validität und die Durchführung zu haben.
Patienten, die stark vorerkrankt (ab ASA 3) sind, ein hohes Lebensalter haben (> 75
Jahre) und/oder adipös sind (BMI > 30), sollten, wenn möglich, in eine herkömmliche
Sprechstunde einbestellt werden.
Schlüsselwörter
Telemedizin - Videosprechstunde - Hüfte - Becken - COVID-19