PPH 2021; 27(01): 51
DOI: 10.1055/a-1291-5799
Rund um die Psychiatrie

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Every-Palmer S, Romans SE, Stubbs R et al. Experiences of Weight-Loss Surgery in People With Serious Mental Illness: A Qualitative Study. Front. Psychiatry 2020; 11: 419. doi: 10.3389/fpsyt.2020.00419

Hintergrund: Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen einschließlich psychotischer und bipolarer Störungen haben eine hohe Prävalenz für Übergewicht. Neben verschiedenen Diäten und anderen Methoden, um das Körpergewicht zu reduzieren, werden insbesondere bariatrische Operationen (Teilgebiet der Chirurgie, das sich mit operativen Eingriffen befasst, die zum Ziel haben, das Körpergewicht zu reduzieren) als erfolgreich in der Langzeit angesehen.

Jedoch werden bariatrische Operationen von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen – trotz der hohen Adipositas-Rate in dieser Population – nur selten in Anspruch genommen. Dies beruht auf der Annahme, dass Menschen mit komplexer psychiatrischer Vorgeschichte postoperativ nur wenig Gewicht verlieren oder sich ihre psychiatrischen Symptome verschlechtern würden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist dies jedoch unbegründet.

Die qualitative Studie untersuchte persönliche Erfahrungen mit bariatrischen Operationen und deren Auswirkungen auf das körperliche und geistige Wohlbefinden sowie die Lebensqualität von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen.

Methode: Anhand halbstrukturierter Interviews wurden 9 Erwachsene zu ihren Erfahrungen mit bariatrischen Operationen und den daraus folgenden Ergebnissen befragt. Alle Befragten hatten sich einem bariatrischen Eingriff unterzogen und wiesen gleichzeitig schwere depressive Störungen, bipolare Störungen oder schizoaffektive Störungen auf. Die Daten wurden transkribiert und es wurde eine induktive thematische Analyse durchgeführt.

Ergebnis: Bariatrische Operationen verbessern subjektiv die körperliche Gesundheit, die Lebensqualität und die geistige Gesundheit. Die meisten Studienteilnehmenden beschrieben den Eingriff als lebensverändernd und würden ihn anderen Menschen mit psychischen Erkrankungen und Fettleibigkeit weiterempfehlen.

Fazit: Menschen mit Adipositas und gleichzeitiger psychiatrischer Erkrankung profitieren von der bariatrischen Chirurgie.

Dr. Jörg Kußmaul

Ozamiz-Etxebarria N, Idoiaga Mondragon N, Dosil Santamaría M et al. Psychological Symptoms During the Two Stages of Lockdown in Response to the COVID-19 Outbreak: An Investigation in a Sample of Citizens in Northern Spain. Front. Psychol. 2020; 11: 1491. doi: 10.3389/fpsyg.2020.01491

Hintergrund: Anfang 2020 hat sich COVID-19 zunächst in China und dann rasch in der ganzen Welt ausgebreitet. In Europa im Allgemeinen und einigen Ländern im Besonderen (wie Spanien) steckten (Stand: November 2020) sich viele Menschen mit dem Virus an, es kam zu schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen. Viele Länder, wie Spanien, befanden sich aufgrund der COVID-19-Krise in einem Ausnahmezustand: Die Bevölkerung musste strenge Regeln, wie die Ausgangs- und Mobilitätsperre sowie soziale Distanz, einhalten.

Die rasche Ausbreitung der Pandemie, hohe Gesundheitsrisiken und soziale Einschränkungen haben zu erheblichen psychischen Problemen, wie Stress, Angstzuständen und Depressionen, bei der Bevölkerung und insbesondere dem Gesundheitspersonal geführt. Ziel dieser Studie war es, den psychischen Allgemeinzustand der Bevölkerung in der COVID-19-Krise im Rahmen einer Stichprobe zu erforschen.

Methode: An dieser Studie nahmen fast 2000 Personen teil, die Stichprobe wurde in Nordspanien rekrutiert. Es wurden soziodemografische und psychische Daten erhoben, um Variablen wie Stress, Angstzustände und Depressionen zu bewerten. Die Probanden wurden in einer nicht-probabilistischen Schneeball-Stichproben-Methode rekrutiert und gebeten, einen Online-Fragebogen zu Beginn und zum Ende der Ausgangssperre auszufüllen.

Ergebnis: Mehr als ein Viertel der Teilnehmenden hatte Symptome von Depressionen, Angstzuständen und Stress, die psychischen Symptome nahmen mit fortschreitender Ausgangssperre zu. In Bezug auf das Geschlecht zeigten die Ergebnisse, dass Männer und Frauen ein ähnliches Maß an Angst und Stress empfanden, Männer jedoch stärker von Depressionen betroffen waren als Frauen. Eine stärkere Symptomatik wurde bei der jüngeren Bevölkerung und bei Menschen mit chronischen Krankheiten festgestellt.

Fazit: Die psychische Gesundheit der Allgemeinbevölkerung kann negativ beeinträchtigt werden, wenn sich die Lebenssituation bedingt durch die COVID-19-Pandemie verändert. Männer weisen ein höheres Risiko für Depressionen auf als Frauen.

Dr. Jörg Kußmaul



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
20. Januar 2021

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