Z Orthop Unfall 2022; 160(02): 213-221
DOI: 10.1055/a-1304-3677
Original Paper/Originalarbeit

Klinische Bedeutung von Veränderungen der Schmerzstärke bei Patienten mit spezifischen Rückenschmerzen

Article in several languages: English | deutsch
Ingo Haase
1   Research, Development, Quality Assurance, m&i Hospital Group Enzensberg, Hopfen am See, Germany
,
Bernd Kladny
2   Department of Orthopaedics and Trauma Surgery, Fachklinik Herzogenaurach, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Hintergrund Schmerzstärke wird häufig mit numerischen Ratingskalen (NRS) gemessen, deren Spannbreite von 0 (kein Schmerz) bis 10 (maximal vorstellbarer Schmerz) reicht. Schwer zu interpretieren ist die klinische Relevanz einer Veränderung zwischen 2 Messzeitpunkten.

Ziel Schätzung des kleinsten nachweisbaren Unterschieds (minimal detectable change – MDC) und des kleinsten klinisch relevanten Unterschieds (minimal clinically important difference – MCID) in der Reduktion von durchschnittlicher Schmerzintensität bei Patienten mit spezifischen Rückenschmerzen.

Material und Methoden Datensätze von 1232 Patienten mit spezifischen Rückenschmerzen aus einer deutschen Klinik für konservative Krankenhausbehandlung von Wirbelsäulenbeschwerden wurden ausgewertet. Als Ankerkriterium diente eine Kombination aus den Globalurteilen von Patienten und Arzt am Ende der Behandlung. Die Ankerkategorie „etwas gebessert“ betrachteten wir a priori als kleinstes klinisch relevantes Ergebnis. Der MDC wurde mithilfe des Standardmessfehlers (SEM) und der Standardabweichung (SD) der Stichprobe berechnet. Der MCID wurde über die mittlere Schmerzreduktion der „etwas gebesserten“ Patienten (Mean Change Score – MCS) und mittels der Receiver-Operating-Characteristic-Methode (ROC) geschätzt.

Ergebnisse Der MDC lag bei 1,77. Der MCS und die ROC-Methode ergaben übereinstimmend eine MCID für das Gesamtkollektiv von 2. Beide Methoden zeigten die Abhängigkeit des MCID vom Ausgangsschmerz: 1 für geringen bis mäßigen Schmerz bei Behandlungsbeginn (1 – 4 NRS-Punkte), 2 für mittleren bis starken Schmerz (5 – 7) und 3 – 4 für sehr starken bis extremen Ausgangsschmerz (8 – 10). Für Patienten mit lumbalen Bandscheibenschäden und Patienten in der akuten Phase ergab die ROC-Methode einen höheren Grenzwert als die MCS-Methode.

Diskussion Die globale Einschätzung des Behandlungserfolgs sollte als Ankerkriterium neben der Verlaufsmessung mit NRS verwendet werden, um die Interpretation von Veränderungen zu erleichtern und dabei die Patientenperspektive zu berücksichtigen. Neben der Beschäftigung mit der Schmerzmessung dürfen funktionsbezogene und psychosoziale Aspekte der Schmerzsymptomatik nicht aus dem Blickfeld geraten.



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Article published online:
18 January 2021

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