Notaufnahme up2date 2022; 04(02): 165-183
DOI: 10.1055/a-1380-9846
Spezielle Notfälle

Strom- und Elektrounfälle – Harmlose Verletzung oder lebensbedrohliche Situation?

Benjamin Meyknecht
1   Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie, Evangelisches Krankenhaus Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
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Oliver Pieske
1   Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sporttraumatologie, Evangelisches Krankenhaus Oldenburg, Oldenburg, Deutschland
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Im klinischen Alltag in einer Notaufnahme sind Verletzungen durch Strom ein regelmäßiger Vorstellungsgrund. Dabei ist es für den die Behandler wichtig zwischen harmlosen Situationen und potenziell lebensbedrohlichen Verletzungen sicher zu unterscheiden. Hierfür stehen Möglichkeiten der Anamnese, Befunderhebung und Diagnostik zur Verfügung, welche in diesem Beitrag näher erläutert werden sollen.

Kernaussagen
  • Vorstellungen nach Strom- oder Elektrounfällen kommen im Alltag von Notaufnahmen regelmäßig vor, ein Grundverständnis von Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie ist dabei wichtig.

  • Die überwiegende Mehrzahl der Fälle betrifft den Niederspannungsbereich (< 1 kV), hier stehen die Folgen des proarrhythmischen Potenzials des Stromes im Fokus der Diagnostik und Therapie.

  • Patienten mit verzögert auftretenden Rhythmusstörungen nach Stromunfällen zeigen im initialen EKG bereits Auffälligkeiten.

  • Trifft ein Stromimpuls direkt die vulnerable Phase des Herzens, kann z.B. Kammerflimmern resultieren.

  • Reanimationen bei Patienten nach Stromunfällen haben eine relativ gute Aussicht auf Erfolg.

  • Bei den deutlich selteneren Vorstellungen nach Hochspannungsunfällen stehen weniger die kardioarrhythmischen Komplikationen, sondern mehr die Verletzungsfolgen durch Verbrennung/Verletzung des Haut-Weichteil-Mantels oder Verletzungen innerer Organe im Vordergrund.

  • Indikationen zur stationären Überwachung sind: initialer Herzstillstand, initiale Bewusstseinsstörung, EKG-Veränderungen, relevante Haut-/Weichteilverletzungen, Hochspannungsunfälle. Klinisch unauffällige Patienten, auf die diese Situationen nicht zutreffen, können zeitnah entlassen werden.

  • Das Kompartmentsyndrom ist eine mögliche Komplikation nach Hochspannungsunfällen und ein chirurgischer Notfall.

  • Blitzunfälle sind selten, die Letalität liegt bei bis zu 30 %. Hierbei unterscheiden sich die Diagnostik und Behandlung nicht von derjenigen bei (Hochspannungs-)Stromunfällen.

  • Nach Stromimpulsen durch Elektroimpulsgeräte sind bei nicht vorerkrankten Menschen keine schwerwiegenden Verletzungen zu erwarten, eine Überwachung kann bei klinisch unauffälligen Patienten entfallen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
06. April 2022

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