Nervenheilkunde 2021; 40(12): 1014-1015
DOI: 10.1055/a-1467-7207
Gesellschaftsnachrichten

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V.

Interaktive Landkarte mit Behandlungszentren geht zum Start des Neugeborenenscreenings auf SMA online

Zum vierten Quartal 2021 startete die Umsetzung des um die neuromuskuläre Erkrankung spinaler Muskelatrophie (SMA) erweiterten Newbornscreenings. Für betroffene Eltern und das Behandlungsnetzwerk stellt die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM) mit der Webseite www.dgm-behandlungszentren.org seit 1. Oktober 2021 ein Werkzeug zur Verfügung, um zügig eine Übersicht über wohnortnahe Therapiemöglichkeiten gewinnen zu können. Denn Zeit ist ein wichtiger Faktor bei der Behandlung der frisch diagnostizierten Neugeborenen. „Mit der flächendeckenden Einführung des Neugebornenscreenings auf SMA müssen Labore und Geburtshäuser den betroffenen Eltern, die in einer äußerst belastenden Situation stecken, schnell den Kontakt zu Erstberatungsstellen zur Verfügung stellen können,“ so DGM-Bundesgeschäftsführer Joachim Sproß. „Screening-Beratungsstellen gewährleisten anschließend eine medizinisch-fachliche Beratung innerhalb weniger Tage, sodass eine frühzeitige, möglichst präsymptomatische Behandlung von SMA-positiv-diagnostizierten Kindern begonnen werden kann.“

Die interaktive Landkarte bildet dabei Behandlungszentren für Patienten mit SMA aller Altersgruppen ab und unterstützt die Suche nach Therapiezentren für die 3 in Deutschland zugelassenen Medikamente Spinraza®, Evrysdi® und Zolgensma®. Die Aufnahme auf die Internetpräsenz erfolgte nach Selbstauskunft der Kliniken und wird fortlaufend weitergeführt. Die neue Webseite konnte realisiert werden, da die Pharmaunternehmen Biogen, Roche und Novartis die anfallenden Kosten übernommen haben. Die Koordinierung und Leitung des Projekts erfolgten durch das ehrenamtliche Engagement von DGM-Mitglied Thomas Borowski. www.dgm-behandlungszentren.org

Weiterführende Infos

Warum wird ein Neugeborenenscreening auf SMA durchgeführt? Bei der SMA fehlt den Kindern ein Faktor („survival motor neuron“-Faktor, SMN), der notwendig für das Überleben von speziellen Nervenzellen ist. Betroffen sind die Motoneurone, die für die Steuerung der Muskulatur verantwortlich sind. Durch diesen Mangel gehen diese Nervenzellen zugrunde. In der Folge kommt es zu einer meist schweren Muskelschwäche. Wird der Defekt frühzeitig entdeckt, stehen inzwischen mehrere Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, um dem Körper ausreichend SMN zur Verfügung zu stellen. Die Nervenzellen können dann überleben und die Kinder können sich im besten Falle normal entwickeln. Entscheidend ist die Entdeckung der Erkrankung noch bevor Symptome auftreten.

Wie läuft das Neugeborenenscreening ab? Wenige Tage nach der Geburt wird meist noch in der Geburtsklinik dem Kind aus der Ferse etwas Blut abgenommen. In dieser winzigen Blutprobe wird nach einer ganzen Reihe von Erkrankungen gesucht. Sollten sich Hinweise auf eine SMA ergeben, wird die Familie entweder von der Geburtsklinik, dem Labor oder einem Neuromuskulären Zentrum (NMZ) angerufen, um sich innerhalb weniger Tage im Behandlungszentrum vorzustellen.

Was geschieht im Muskelzentrum? Das Kind wird untersucht und es wird nochmals eine Blutprobe für eine zweite Laboruntersuchung entnommen, um ganz sicher zu gehen, dass die Diagnose stimmt. Aus dieser Blutprobe werden gleichzeitig noch weitere Informationen gewonnen, die wichtig für die Entscheidung sind, wie rasch die Behandlung beginnen muss. Die Experten im NMZ besprechen mit den Eltern nach Erhalt der Befunde im Detail, welche Therapien in Frage kommen.

Was können wir vom Neugeborenenscreening erwarten? Die Daten, die in Studien gewonnen wurden, zeigen, dass sich die früh behandelten Kinder dramatisch besser entwickeln, verglichen mit dem Verlauf der Erkrankung, wie wir ihn früher sehen mussten.

Wer bezahlt die Diagnose und Therapie? Die Diagnostik und die Therapie werden in Deutschland erfreulicherweise von den Krankenkassen übernommen. Die Auswahl des Medikaments erfolgt entsprechend den Zulassungskriterien der verschiedenen Substanzen.

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Screenshot www.dgm-behandlungszentren.org

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Publication History

Article published online:
06 December 2021

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