
Zusammenfassung
Ziel der Studie Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) können Ärzt/innen seit dem 19.12.2019 Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) verschreiben und Patient / innen haben Anspruch auf eine solche Versorgung. Nachfolgend soll geklärt werden, was niedergelassene Ärzt/ innen bei der Einbindung von DiGAs in die Versorgung berücksichtigen sollten und welche ethische Verantwortung ihnen dabei zukommt.
Methodik Mittels adaptierter prinzipienorientierter Fallanalyse werden drei fiktive, aber praxisnahe Kasuistiken beleuchtet. Das argumentativ-analytische Vorgehen basiert auf den vier medizinethischen Prinzipien Autonomie, Fürsorge, Nichtschaden und Gerechtigkeit nach Beauchamp und Childress sowie der Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte (MBO-Ä).
Ergebnisse Bei der Verschreibung von DiGAs sollte das ärztliche Aufklärungsgespräch um die besonderen Risiken, die sich aus solchen Anwendungen ergeben, erweitert werden. Es ist insbesondere auf die digitale Gesundheitskompetenz von Patient/innen zu achten. Des Weiteren sollten DiGAs nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, sondern allenfalls eine Ergänzung und Unterstützung leitliniengerechter Behandlung bieten. Um Patient/innen zu einem selbstständigeren Gebrauch zu befähigen, wird eine ‚Applikationsanamnese‘ empfohlen.
Schlussfolgerung Die Prinzipienethik nach Beauchamp und Childress sowie die MBO-Ä sind auch für den Umgang mit DiGAs in der Patientenversorgung instruktiv. Die vorgestellten Dos und Don’ts sollten kontinuierlich um weitere Leitplanken ergänzt werden, die Ärzt / innen Orientierung bieten, wie sie DiGAs verantwortlich in der Patientenversorgung einbinden können.
Abstract
Background Since the approval of the digital care law (Digitale-Versorgung-Gesetz-DVG) on 19.12.2019, physicians have been able to prescribe digital health applications (DHA). Patients are now entitled to such applications. The present article sets out to clarify how physicians should integrate DHAs into patient care and the ethical responsibilities they have in this process.
Methods Based on an adapted principle-oriented case analysis, three hypothetical case scenarios are discussed. The argumentative-analytical approach is based on four established principles of medical ethics (following Beauchamp and Childress), namely autonomy, beneficence, non-maleficence and justice, as well as on the Model Professional Code of Conduct for Physicians working in Germany (MBO-Ä).
Results When prescribing DHAs, physicians need to give patients additional information on the specific risks that result from such applications. Special attention must be paid to patients’ digital health literacy. Furthermore, DHAs should not replace personal contact, but complement and support guideline-based treatment. To enable patients to use DHAs more independently, we recommend an ‘app anamnesis’.
Conclusion Beauchamp’s and Childress’s principles as well as the MBO-Ä are instructive for handling DHAs in patient care. The Dos and Don’ts presented must be complemented by further guidance providing orientation for physicians on how to integrate DHAs in patient care in a responsible way.
Schlüsselwörter
Medizin-App - mHealth - informierte Einwilligung - Prinzipienethik - digitale Gesundheitskompetenz
Key words
medical app - mHealth - informed consent - principlism - digital health literacy