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DOI: 10.1055/a-1479-1047
Interdisziplinäres Miteinander in der Notaufnahme
oder warum die Notaufnahme manchmal auch Orchideen braucht …Nirgends sonst treffen innerhalb eines Tages so viele verschiedene, von bagatellartig bis schwerwiegend reichende Präsentationsformen akuter (und manchmal weniger akuter) Erkrankungen und Verletzungen aufeinander wie in Zentralen Notaufnahmen/Notfallzentren.
Die notwendige Geschwindigkeit der Versorgung und die Menge der eintreffenden Patienten stellen gerade in großen Notaufnahmestrukturen eine besondere Herausforderung dar. Zu bewältigen ist dies nur durch das gelebte Miteinander zwischen Pflegekräften und Ärzteteam, zwischen Rotanten, Fachärzten und ärztlichen Konsiliarii.
Es liegt auf der Hand, dass gerade während der Facharztausbildung und dem Erwerb von Zusatzbezeichnungen das Lernen am Patienten und der kollegiale Austausch mit anderen Fachdisziplinen der Grundstein für eine souveräne und adäquate Kompetenz in der Notfallversorgung typischer oder seltener Befundkonstellationen ist. Die praktische Bedeutung einer guten Kooperation zwischen Notaufnahme und Nischenfächern, wie zum Beispiel der Rechtsmedizin, erscheinen auf den ersten Blick nicht von entscheidender Relevanz.
Die wirkliche Schnittmenge zwischen der Notaufnahme und den „kleinen Exoten“ ist in der Realität doch aber weit größer als der tangentiale Rand. Viele Patienten präsentieren sich in Notaufnahmen mit zunächst unklaren Verletzungen, in sich widersprüchlichen Anamnesen, Hinweisen auf Intoxikationen oder Vorwürfen von ärztlichen Sorgfaltspflichtverletzungen. Auch medizinrechtliche Fragestellungen zur Fixierung, Unterbringung, Aufklärung u.a. finden in Notaufnahmen einen Nucleus. Hier kann ein kollegiales Verständnis vom fachlichen Niveau der ortsansässigen Fachbereiche um eine Notaufnahme und deren rechtzeitige und konsequente konsiliarische Hinzuziehung bei geeigneten Fällen nicht nur das diagnostische und apparative Portfolio ergänzen, sondern auch dem Patienten – dem Mittelpunkt unseres ärztlichen Tuns – nur dienlich sein. Nicht zuletzt durch intensive praktische Zusammenarbeit ergeben sich auch gemeinsame Forschungsfragestellungen, die aus eigener Erfahrung besonders durch den interdisziplinären Austausch profitieren und sehr praxisnahe und bedeutungsvolle Erkenntnisse liefern.
Die Rechtsmedizin kann in unvermeidbaren Todesfällen von Patienten in den Zentralen Notaufnahmen/Notfallzentren helfen, die Güte der notfallmedizinischen Maßnahmen durch objektive Befunde zu untermauern und offene oder differenzialdiagnostische Fragestellungen zu einem Patienten zu beantworten. Das Erkennen eigener Kompetenzen und Grenzen ist im ärztlichen Alltag wichtig – das Hinzuziehen konsiliarischer Unterstützung und ein intensiver Meinungsaustausch sind somit kein Ausdruck von Unwissenheit oder Unsicherheiten in einzelnen Situationen, sondern geschehen im Interesse unserer Patienten. Somit leistet die notfallmedizinische Ausbildung einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer breiten medizinischen Allgemeinbildung verbunden mit engem Austausch und Kooperation mit spezialisierten Fächern.
Das Thema Weiterbildung kann damit in seiner Bedeutung für die eigenen Kompetenzen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden – und weil Sie das auch so sehen, halten Sie die neue Ausgabe von Notaufnahme up2date in Händen, für die wir eine spannende und Wissen generierende Lektüre wünschen.
Benjamin Ondruschka | Michael Bernhard | Frank Eifinger | Ingo Gräff | Thomas Henke | Christian Künstler | Bernhard Kumle | Dominik Michalski | Martin Pin | Sylvia Schacher
Publication History
Article published online:
12 July 2021
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