Gesundheitswesen 2021; 83(S 02): S77-S86
DOI: 10.1055/a-1553-3565
Originalarbeit

Völlig unterschiedlich oder doch recht ähnlich? Die soziodemografische Struktur der AOK Niedersachsen im Vergleich zur niedersächsischen und bundesweiten Allgemein- und Erwerbsbevölkerung

Completely Different or Quite Similar? The Sociodemographic Structure of the AOK Lower Saxony in Comparison to the General and Working Population in Lower Saxony and the Federal Republic of Germany
Jelena Epping
1   Medizinische Soziologie , Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Siegfried Geyer
1   Medizinische Soziologie , Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Sveja Eberhard
2   Stabsbereich Politik, Forschung & Presse, Allgemeine Ortskrankenkasse Niedersachsen, Hannover, Deutschland
,
Juliane Tetzlaff
1   Medizinische Soziologie , Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
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Zusammenfassung

Ziel der Studie Routinedaten von Krankenkassen sind als Datenquelle mittlerweile gut etabliert. Hinsichtlich der Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse bei Analysen mit Daten einer Krankenkasse treten Fragen der Repräsentativität der Versichertenpopulation auf, insbesondere da nicht alle Studien auf soziodemografische Merkmale adjustieren. Diese Arbeit untersucht mittels deskriptiver Analyse, ob und inwieweit sich die Sozialstruktur der Versichertenpopulation der AOK Niedersachsen von der Sozialstruktur der Allgemeinbevölkerung und der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Niedersachsen (NDS) und in der Bundesrepublik (BRD) unterscheiden.

Methodik Die Datengrundlage bilden pseudonymisierte Daten der AOK NDS, die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit und der Bevölkerungsstand in NDS und der BRD. Die Versichertenpopulation wird an zwei Stichtagen 31.12.2012 und 31.12.2017 hinsichtlich der Geschlechter-und Altersstruktur mit der Bevölkerung in NDS und der BRD verglichen. Anschließend werden die Daten der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der AOK NDS und aus der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit gegenübergestellt, um Ausbildungsabschlüsse, Komplexität der ausgeübten Tätigkeit und elf Berufsbereiche zu vergleichen.

Ergebnisse Die Geschlechterstruktur unterscheidet sich nicht zwischen den drei Vergleichspopulationen. Verglichen mit der Bevölkerung in NDS und der BRD ist der Anteil der unter 30-Jährigen in der AOK NDS überdurchschnittlich, der Anteil der Personen zwischen 50 und 76 Jahren etwas unterdurchschnittlich. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Hochschulabschluss und in Tätigkeiten mit höherer Komplexität sind in der AOK NDS unterrepräsentiert. Die Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf elf Berufsbereiche unterscheidet sich ebenfalls.

Schlussfolgerung Die Studie zeigt, dass soziodemographische und sozio-ökonomische Merkmale in Studien mit Krankenkassendaten wann immer möglich berücksichtigt werden sollten. In Zukunft wird das Informationssystem Versorgungsdaten krankenkassenübergreifende Analysen mit Sekundärdaten ermöglichen. Fragestellungen der gesundheitlichen Ungleichheit können damit jedoch aufgrund des Fehlens von sozio-ökonomischen Merkmalen nicht beantwortet werden. Auch die Identifikation von vulnerablen Gruppen, die gezielt geeigneten Maßnahmen zugeführt werden könnten, ist ohne Berücksichtigung von sozio-ökonomischen Merkmalen erschwert.

Abstract

Aim of the work Routine data from statutory health insurance funds are now a well-established source of data for scientific research. With regard to the generalizability of findings based on data from one health insurance fund, questions arise regarding the representativeness of the insured population, especially since not all studies adjust for socio-demographic characteristics. Our study examines whether and to what extent socio-demographic and occupational characteristics of the population insured with the AOK Lower Saxony differ from the total and working population of Lower Saxony and the Federal Republic of Germany.

Methods The analyses are based on pseudonymised data from the AOK, the employment statistics of the Federal Employment Agency (FEA) and population statistics. The insured population was compared with the population of Lower Saxony and Germany at two cut-off dates (31.12.2012 and 31.12.2017) with respect to the distributions of age and gender. Subsequently, data of employed insured persons were compared with FEA-data in order to compare educational level, complexity of the work and occupational areas.

Results The gender structure did not differ between the three populations. The proportion of insured women and men below 30 years of age was above the corresponding figures of Lower Saxony and Germany. Employed individuals holding a university degree or jobs with higher complexity were under-represented in the AOK. The distribution across eleven occupational areas in the AOK also differed from the reference populations.

Conclusions The study shows that socio-demographic and socio-economic characteristics should be considered whenever possible in studies using statutory health insurance data. In future, the new database “Information System Health Care Data” will enable analyses across all statutory health insurance providers. However, research questions of health inequalities cannot be answered with this approach due to the lack of socio-economic characteristics in these data. Identifying vulnerable groups that could be targeted for appropriate interventions is also difficult without taking socio-economic characteristics into account.

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Article published online:
25 October 2021

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