Gesundheitswesen 2021; 83(S 02): S102-S112
DOI: 10.1055/a-1630-7398
Originalarbeit

Verknüpfung von Abrechnungsdaten gesetzlicher Krankenkassen und Einsatzprotokollen des Rettungsdienstes: Brückenschlag durch Krankenversichertennummer?

Linking Health Claims Data and Records of Emergency Medical Services: Building a Bridge via Patient’s Health Insurance Number?
Ludwig Goldhahn
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto von Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
2   Medizinische Fakultät, Universitätsklinik für Unfallchirurgie, Otto von Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
,
Enno Swart
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto von Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
,
Silke Piedmont
1   Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Otto von Guericke Universität Magdeburg, Magdeburg, Deutschland
3   Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Neuruppin, Deutschland
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Zusammenfassung

Einleitung In Deutschland wurde der Rettungsdienst im Jahr 2016/2017 bei insgesamt rund 7,3 Mio. Notfallereignissen aktiv [1]. Informationen zu der dabei erfolgenden prähospitalen Versorgung von Patient*innen finden sich in unterschiedlichen Sekundärdatenquellen; jedoch ist die kombinierte Analyse dieser Daten auf Fall-/Einsatz- oder Patient*innen-Ebene selten der Fall. Um dies zu ändern, ist die Erforschung von Merkmalen und Methoden erforderlich, anhand derer Sekundärdaten, welche präklinische Inhalte umfassen, verknüpft werden können.

Methode Es werden Rettungsdienst-Einsatzprotokolle aus 5 bayerischen Rettungsdienstbereichen mit Abrechnungsinformationen 10 gesetzlicher Krankenkassen zusammengeführt (Daten aus 2016). Demonstriert werden 2 Verknüpfungsansätze auf Ebene patient*innenindividueller Einsätze bzw. abgerechneter Leistungen. Zuerst erfolgt die Verknüpfung deterministisch anhand des Personenidentifikators Krankenversichertennummer (KVNR). Der zweite Verknüpfungsansatz beruht auf einem probabilistischen Verfahren, das neben der nur in einem Teil der Einsatzprotokolle verfügbaren KVNR indirekte Schlüsselvariablen berücksichtigt. Dabei handelt es sich um die Kassenzugehörigkeit der Patient*innen, ihr Geschlecht und Geburtsjahr sowie die zurückgelegte Wegstrecke des eingesetzten Rettungsmittels. Zur Prüfung sowohl der deterministischen als auch probabilistischen Verknüpfung werden Übereinstimmungsquoten verschiedener, in beiden Datenquellen vorhandener Variablen ermittelt.

Ergebnisse Ausgangspunkt für die Datenverknüpfungen stellen 106 371 Rettungsdienst-Einsatzprotokolle (unabhängig von der Krankenkasse) sowie 432 693 bei Krankenkassen abgerechnete Leistungen (unabhängig vom Rettungsdienstanbieter) aus dem Bereich der Notfallrettung dar. Von 5921 Einsatzprotokollen, in denen eine an Inno_RD datenliefernde Krankenkasse dokumentiert ist, können 4327 Einsatzprotolle deterministisch unter Rückgriff auf die KVNR mit den Abrechnungsdaten zusammengeführt werden. Im Rahmen der probabilistischen Verknüpfung lässt sich diese Anzahl auf 5379 Einsatzprotolle steigern. Alle Prüfungen deuten sowohl für den deterministischen als auch den probabilistischen Ansatz auf eine hohe Verknüpfungsqualität hin.

Schlussfolgerung Eine personen- und einsatzbezogene Verknüpfung von Einsatzprotokollen des Rettungsdienstes mit Abrechnungsdaten ist möglich. Als Alternative zur deterministischen Verknüpfung anhand der KVNR hat sich in Inno_RD ein probabilistischer Ansatz bewährt, auf dessen Grundlage Einsatzprotokolle auch dann sinnvoll verknüpft werden können, wenn KVNR nicht vorliegen sowie indirekte Schlüsselvariablen im geringen Umfang Nicht-Übereinstimmungen oder Missing-Values aufweisen.

Abstract

Introduction In Germany, Emergency Medical Services (EMS) were involved in a total of 7.3 million emergency cases in 2016/2017. Information on prehospital care is stored in several secondary data sources, yet combined analysis of these data at the level of individual patients or EMS cases happens rarely. Research is needed on which methods and variables are suitable for the linkage of these data sources.

Methods We linked EMS records from five Bavarian emergency service districts to health claims data belonging to ten statutory health insurers (data from 2016). Two linkage approaches at the level of individual patient’s EMS case/reimbursement case were demonstrated. First, a deterministic linkage was conducted based on the patient‘s unique identifying health insurance number. The second linkage was probabilistic. As linkage variables, it comprised the only partially available health insurance number plus several non-unique key variables, the latter being a patient’s health insurance provider, sex, year of birth and distance travelled. In order to verify the deterministic and the probabilistic linkages’ quality, rates of accordance of several variables present in both data sources were calculated.

Results The starting point for our data linkage were 106,371 EMS records (independent of certain health insurance companies) and 432,693 EMS services reimbursed by health insurers (independent of specific EMS providers). 4,327 EMS records could be linked to health claims data – out of 5,921 EMS records that coded a health insurance company contributing claims data to Inno_RD. With a probabilistic linkage, it was possible to increase this number to a total of 5,379 linked EMS records. All checks carried out indicated a high linkage quality for both the deterministic and the probabilistic approach.

Conclusion A linkage of EMS records with health claims data is possible. In Inno_RD, a probabilistic approach has proven a valuable alternative to deterministic linkage via health insurance number since EMS records can be linked meaningfully even if the health insurance number is unavailable or where a minority of non-unique key variables show non-accordance or missing values.

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Article published online:
01 December 2021

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