Aktuelle Dermatologie 2022; 48(07): 298
DOI: 10.1055/a-1716-4738
Interview

Engagement, Wissbegier, Kreativität, Empathie

Dr. Christoph R. Löser im Gespräch mit Prof. Dr. Helmut Breuninger
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Prof. Dr. Helmut Breuninger. Quelle: Helmut Breuninger

Warum haben Sie die Dermatologie als Fachgebiet gewählt?

Ich bin als frisch gebackener Arzt für Chirurgie reingestolpert durch die Empfehlung eines befreundeten Dermatologen, mich für die vakante Leitung der Dermatochirurgie an der Tübinger Hautklinik zu bewerben. Eine Herausforderung, da im Jahr 1980 die chirurgischen Fachgebiete der Fakultät noch gegen einen Chirurgen in der Hautklinik waren.

Sind Sie mit Ihrer Wahl zufrieden und warum?

Ja, nachgerade eine glückliche Fügung. Ich musste von Anfang an Qualität abliefern, was meine Lernkurve und Kreativität stark herausforderte. Zudem bin ich leidenschaftlicher Bastler, wodurch der Beruf zum Hobby wurde, sozusagen der „Dermopix im Dermaland“. Mich freute, dass ich mit der dermatochirurgischen Therapie sehr vielen Menschen rasch helfen konnte.

Sie haben in Ihrer Karriere viel erreicht. Worauf sind Sie besonders stolz?

Vier Errungenschaften: Die Tübinger Torte (3D-Histologie), die intrakutane Schmetterlingsnaht für hohe Spannungen, die sanfte, langanhaltende Infusionslokalanästhesie mit spezieller isoionischer Lösung und die Implementierung von neuen Risikofaktoren für das Plattenepithelkarzinom insbesondere die Desmoplasie. Zudem habe ich ca. 40 Ärztinnen und Ärzte zum Doktor-Titel verholfen und konnte einige Kolleginnen und Kollegen bei der Habilitation unterstützen.

Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Ein 1-jähriges, sehr agiles Mädchen mit einem riesigen kongenitalen Nävus am Rumpf, den ich in 4 Schritten vollständig entfernen konnte. Das nun pubertierende Mädchen meldet sich bis heute dankbar mit ihrer Mutter zu Weihnachten.

Von wem haben Sie besonders viel gelernt?

Vom damaligen begeisterten Histopathologen Dr. Undeutsch. Er hat mich in die Dermatohistologie mit Geduld und Humor eingearbeitet, nach dem Motto: Basaliom erkennen, das kann doch jeder. Mit dieser Ermutigung beim Mikroskopieren konnte ich nun auch den Facharzt für Dermatologie anpacken und durchziehen.

Was war der beste Rat, den Sie während Ihrer Karriere erhalten haben?

Vom Kollegen Prof. Lischka, dem leitenden OA der Klinik, bei einer Auseinandersetzung um die OP-Organisation mit dem Chef: Sägen sie nicht den Ast ab, auf dem Sie sitzen. Irgendwie hat der Ast bis heute gehalten. Die Fläche des OPs wuchs vom Anfang bis heute ungefähr auf das Sechsfache, allerdings nur duch die tatkräftige Mithilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Team.

Was ist momentan die wichtigste Entwicklung in der Dermatologie?

Die Einbeziehung der KI in die Bildgebung, Diagnostik und Therapie, die Erweiterung des Verständnisses der dermatologischen Krankheitsentitäten auf molekularer und genetischer Grundlage und die neuen molekularen und zellbasierten Therapien. Auch die Dermatochirurgie steht nicht still.

Wo sehen Sie die Zukunft der Dermatologie?

Sie hat, wenn man die momentanen Entwicklungen sieht, eine großartige Zukunft vor sich.

Was raten Sie jungen Kollegen?

Engagement, Wissbegier, Kreativität, Empathie, dann macht der Beruf Spaß.

Was machen Sie nach Feierabend als Erstes?

Inzwischen habe ich jeden Tag Zeit für meine Hängematte.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Helmut Breuninger
Ursrainer Ring 73-1
72076 Tübingen
Deutschland
claudia.nerz@med.uni-tuebingen.de



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Article published online:
22 July 2022

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