Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/a-1734-7221
Schusswaffenverletzungen und penetrierende Traumata
Gunshot Wounds and Penetrating Injuries
Für die akutmedizinische Versorgung von kritisch Verletzten nach penetrierendem Trauma fehlt oft aufgrund der Seltenheit die Routine. Dem kann mit regelmäßigem theoretischem und praktischem Training begegnet werden. Standardisierte Versorgungsalgorithmen für die Versorgung Schwerverletzter sowie Kenntnisse zu Kinetik und Wundballistik sind für eine gezielte Behandlung erforderlich, wobei die frühe Versorgungsphase hier im Fokus stehen soll.
Abstract
The acute medical care in Germany after gunshot and stab wounds in the pre-hospital and in-hospital setting is a rarity in an international comparison. The resulting lack of routine in the acute care of critically injured people after penetrating trauma should therefore be countered with regular theoretical and practical training. In addition to standardized care algorithms for the care of severely injured people, knowledge of kinetics and wound ballistics is required for focused treatment. The article focuses mainly on the early treatment phase.
-
Durch eine niedrige Waffendichte (65 erfasste Schusswaffen je 1000 Einwohnern) ist die penetrierende Verletzung durch Schusswaffen in Deutschland vergleichsweise selten.
-
Die Wirkung des ein- oder durchschlagenden Geschosses ist von geschossspezifischen Eigenschaften (Kaliber, Bauweise und Masse des Projektils) und von Variablen wie Auftreffgeschwindigkeit, Winkel und Kollision mit den verschiedenen Gewebearten abhängig.
-
Die von außen sichtbare Ein- und wenn vorhanden Ausschusswunde lässt nur begrenzt direkte Rückschlüsse auf Verletzungsmuster und -ausmaß zu.
-
Nach thorakaler bzw. abdomineller Schuss- und Stichverletzung sollte immer die Möglichkeit einer Zweihöhlenverletzung in Betracht gezogen werden.
-
Schussverletzungen des Kopfes werden in Deutschland in der Mehrzahl durch eigenschädliche Handlung verursacht und weisen eine schlechte Prognose auf.
-
Nach penetrierendem Trauma ist neben dem Hämatothorax der Spannungspneumothorax die zweithäufigste Todesursache.
-
Abdominelle Stichverletzungen durchdringen in 65–75% das Peritoneum, während Schussverletzungen dieses in 95% der Fälle perforieren und somit eine direkte Organverletzung erzielen können.
-
Die notfallmedizinische Versorgung der penetrierenden Verletzungen orientiert sich an der Vorgehensweise des „xABCDE-Schemas“, um lebensbedrohliche Zustände schnell erkennen und umgehend behandeln zu können („treat first what kills first“).
-
Während sich 80–90% der penetrierenden Thoraxtraumata präklinisch suffizient mittels einer Thoraxdrainage behandeln lassen, ist dies bei den übrigen 10–20% thorakalen und den allermeisten penetrierenden abdominellen Verletzungen nicht der Fall.
-
Bei penetrierenden Verletzungen sollte die Prähospitalzeit möglichst minimiert werden. Das Zielkrankenhaus bei penetrierenden Verletzungen des Thorax bzw. des Abdomens ist gemäß der S3-Leitlinien-Empfehlung das nächstgelegene Traumazentrum.
Schlüsselwörter
Schussverletzung - Stichverletzung - penetrierende Verletzung - penetrierendes TraumaPublication History
Article published online:
12 April 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
-
Literatur
- 1 Statista – Online-Plattform für Statistik. Statistiken zu Schusswaffen. Accessed February 24, 2023 at: https://de.statista.com/themen/1201/schusswaffen/
- 2 Statista – Online-Plattform für Statistik. Durch den Zoll in Deutschland sichergestellte Waffen, Munition und Sprengstoff von 2014 bis 2021. Accessed February 24, 2023 at: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/29350/umfrage/sicherstellung-von-waffen-in-deutschland/
- 3 Statista – Online-Plattform für Statistik. Anzahl der Straftaten mit Schusswaffengebrauch in Deutschland von 2012 bis 2021. Accessed February 24, 2023 at: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/350846/umfrage/straftaten-mit-schusswaffengebrauch-in-deutschland/
- 4 Statista – Online-Plattform für Statistik. Anzahl der erfassten Vorfälle, Todesfälle und Verletzten durch Schusswaffen in den USA in den Jahren von 2014 bis 2023. Accessed February 24, 2023 at: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/579175/umfrage/vorfaelle-und-todesfaelle-durch-schusswaffen-in-den-usa/
- 5 Sektion Notfall- & Intensivmedizin & Schwerverletztenversorgung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V., AUC – Akademie der Unfallchirurgie GmbH. Jahresbericht Traumaregister DGU von 2021. Accessed February 24, 2023 at: https://www.traumaregister-dgu.de/fileadmin/user_upload/TR-DGU_Jahresbericht_2021.pdf
- 6 Bieler D, Kollig E, Hackenberg L. et al. Penetrating injuries in Germany – epidemiology, management and outcome an analysis based on the Trauma Register DGU®. Scand J Trauma Resusc Emerg Med 2021; 29: 1-14
- 7 Hartenstein F, Schwab R. Schuss- und Stichverletzungen. Allgemein- und Viszeralchirurgie up2date 2021; 15: 167-184
- 8 Neitzel C, Kollig E. Schussverletzungen. In: Neitzel C, Ladehof K. Taktische Medizin. 2. Berlin, Heidelberg: Springer; 2015: 251-268
- 9 Hauer T, Huschitt N, Grobert S. et al. Notfallmedizinische Versorgung von Schuss- und Stichverletzungen. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 427-441
- 10 Kühne CA, Zettl RP, Baume B. et al. Penetrierende Schädel-Hirn-Verletzungen durch Schusswaffen. Unfallchirurg 2007; 110: 341-350
- 11 Roon AJ, Christensen N. Evaluation and treatment of penetrating cervical injuries. J Trauma 1979; 19: 391-397
- 12 Störmann P, Wutzler S, Sommer K. et al. Schuss- und Stichverletzungen. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 442-450
- 13 Völlmecke M, Bieler D, Franke A. et al. Penetrierende Verletzungen. Notfallmedizin up2date 2018; 13: 315-328
- 14 Tonus C, Preuss M, Kasparek S. et al. Adequate management of stab and gunshot wounds. Chirurg 2003; 74: 1048-1056
- 15 Franke A, Bieler D, Wilms A. et al. Behandlung von Schussfrakturen der unteren Extremität – Teil 1: Inzidenz, Bedeutung, eigene Zahlen, Pathophysiologie, Kontamination, Prinzipien der Notfall- und Erstbehandlung. Unfallchirurg 2014; 117: 975-976
- 16 Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e. V.. S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung (AWMF-Registernummer 187–023), Version 4.0. 31.12.2022 Accessed February 24, 2023 at: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/187–023.html
- 17 Funder KS, Petersen JA, Steinmetz J. On-scene time and outcome after penetrating trauma: an observational study. Emerg Med J 2011; 28: 797-801
- 18 Fischer M, Kehrberger E, Marung H. et al. Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 387-395
- 19 Bäuml C, Pietsch C. Präklinische Versorgung von Extremitätenverletzungen. Notarzt 2014; 30: 28-40
- 20 von Lübken F, Holsträter T, Palm HG. et al. Schussverletzungen – Diagnostik und Therapie in der Präklinik. Notfallmedizin up2date 2017; 12: 435-446
- 21 Sheffy N, Chemsian RV, Grabinsky A. Anaesthesia considerations in penetrating trauma. Br J Anaesth 2014; 113: 276-285
- 22 Kuhlwilm V, Schwartz A, Hossfeld B. Chest Seals zur temporären Versorgung offener Thoraxverletzungen im Rahmen von bedrohlichen Einsatzlagen. Notarzt 2021; 37: 179-184
- 23 Maschmann C, Jeppesen E, Rubin MA. et al. New clinical guidelines on the spinal stabilisation of adult trauma patients – consensus and evidence based. Scand J Trauma Resusc Emerg Med 2019; 27: 1-10
- 24 Cason B, Rostas J, Simmons J. et al. Thoracolumbar spine clearance: clinical examination for patients with distracting injuries. J Trauma Acute Care Surg 2016; 80: 125-130