Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(02): 137-147
DOI: 10.1055/a-1757-2862
Übersichtsarbeit

Physiotherapie und Sport bei Kinderrheuma – Shake your bones

Physiotherapy and Sports in Children with Rheumatic Diseases: Shake Your Bones
Josephine Gizik
1   Technische Universität München, Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften, Professur für Biomechanik im Sport, München, Germany
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Sophia Meister
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Matthias Hartmann
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Daniel Sahm
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Mathias Georgi
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Nadja Baumeister
1   Technische Universität München, Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften, Professur für Biomechanik im Sport, München, Germany
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Mareike Kühne
1   Technische Universität München, Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften, Professur für Biomechanik im Sport, München, Germany
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Johannes-Peter Haas
2   Deutsches Zentrum für Kinder- und Jugendrheumatologie, Garmisch-Partenkirchen, Germany
,
Ansgar Schwirtz
1   Technische Universität München, Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften, Professur für Biomechanik im Sport, München, Germany
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Zusammenfassung

Im Rahmen kindlicher rheumatischer Erkrankungen haben die zumeist schmerzhaften Entzündungsvorgänge am muskulo-skelettalen System (z. B.: Gelenke, Muskeln, Sehnen, Gefäße) Auswirkungen auf die tägliche Mobilität der Betroffenen. Immobilität, körperliche und sportliche Inaktivität sind oft die Folge. Die geltenden Richtlinien der Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung werden daher oftmals nicht erreicht. Bewegungsreduzierte oder -inaktive Patienten können jedoch durch verschiedene Maßnahmen in ihrem Bewegungsverhalten gefördert werden. Die Physiotherapie bietet eine erste Möglichkeit in geschütztem Rahmen und unter fachlicher Aufsicht körperlich und sportlich aktiv zu sein. Neben der Wiederherstellung und Verbesserung des physiologischen Bewegungsausmaßes liegen die Erhaltung der Selbstständigkeit und Lebensqualität im Vordergrund der physiotherapeutischen Behandlung. Dazu zählen Aktivierung, Anbahnung von physiologischen Bewegungsabläufen, Korrektur von Gelenkachsen und das Vermitteln von Körperwahrnehmung bei körperlicher Aktivität. Medizinisches Fachwissen und Verständnis sowie Wissen über die Anforderungen verschiedener Sportartenprofile ermöglicht gezielte Hilfestellungen. Durch kontinuierliche, engmaschige Begleitung und langsame Steigerung von Intensität und Umfang in der Physiotherapie können Ängste und Bedenken bezüglich dem Wiedereinstieg bzw. Einstieg in sportliche Betätigung abgebaut werden. Der jeweilige Gesundheitszustand und die Situation der Entzündungsaktivität sind maßgebend für die Therapieinterventionen. Sport gilt heute in der Physiotherapie als Therapieelement und hilft Beschwerden zu lindern, verbessert körperliche Defizite und vermittelt dabei Freude an der Bewegung. Für Alltagsaktivitäten und den Freizeitsport kann eine individuelle Sportberatung basierend auf dem bestehenden Erkrankungsstatus, dem funktionellen und sportmotorischen Leistungsniveau sowie den eigenen Interessen wirkungsvoll zu einem aktiven Lebensstil beitragen. Eine weitere Möglichkeit der angeleiteten Bewegungsförderung stellt der Schulsport dar. Individuelle, differenzierte Schulsportteilnahmebescheinigungen verbessern die Inklusion. Ein auf den Erkrankungsstatus angepasstes und vorgegebenes Trainingsprogramm kann mithilfe konkreter Vorgaben bei der Umsetzung der sportlichen Ziele unterstützen. In Zukunft soll ein digital gestütztes professionelles Monitoring die Bewegungsempfehlungen für zuhause noch weiter verbessern und helfen den Mangel an flächendeckenden Beratungsstellen für Erkrankte mit kindlichem Rheuma zu verringern.

Abstract

Painful inflammations of the musculoskeletal system (e. g. joints, muscles, tendons, vessels) commonly accompanying juvenile rheumatic diseases impact the daily mobility of patients. Common consequences are immobility and physical and sporting inactivity. Therefore, patients rarely reach the national recommendations for movement and movement promotion. Through different approaches, however, less active or physically inactive patients can be encouraged towards more activity. Physical therapy provides young rheumatism patients with an opportunity for physical activity in a safe and well supervised way. Besides recovering and improving a physiological range of motion in the joints, the main goals of physiotherapy are to preserve independence and quality of life. This requires encouraging activity, initiating physiological movement patterns, correcting joint axes and promoting body perception during movements. Purposeful assistance can be provided by medical knowledge and the understanding of the demands of sports. Through continuous and detailed supervision in therapy and slow increases in intensity and amount of physical therapy, fears and worries regarding the return to or start of physical activity can be reduced. The current health condition and inflammation activity are decisive in choosing the appropriate type of therapy intervention. Today, sport is an element of physical therapy and can reduce discomforts, improve physical deficits and convey joy of moving. Regarding everyday and leisure activities, an individual sports recommendation based on the current state of health, functional and motor skill levels as well as the patients’ own interests can facilitate a more active lifestyle. Another possibility for supervised movement promotion is physical education at school. Individualised recommendations for sports activities improve the inclusion of patients. Additionally, a training program adapted to the state of disease containing precise instructions helps individuals to reach their sports goals. In the future, digital-based professional monitoring will improve the recommendations for physical activity at home and counteract the shortage of counselling centres for patients with paediatric rheumatism.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
07. April 2022

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