Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2022; 17(06): 537-558
DOI: 10.1055/a-1856-1765
Grundlagen

Pseudarthrosen beim Erwachsenen – ein Update

Benedikt J. Braun
,
Maximilian M. Menger
,
Marie K. Reumann
,
Tina Histing
Preview

Trotz modernster therapeutischer Möglichkeiten bleibt je nach Frakturentität und initialer Versorgung unverändert in über 10% der Fälle die knöcherne Durchbauung eines Knochenbruchs aus. Wenn diese Fraktur ohne eine weitere therapeutische Maßnahme, entweder operativer oder konservativer Art, nicht zur Ausheilung kommt, liegt eine manifeste Pseudarthrose vor. Der Beitrag zeigt aktuelle diagnostische Standardabläufe und gibt eine Übersicht zu den Behandlungsoptionen der häufigsten adulten Pseudarthrosen.

Kernaussagen
  • Angaben zur Häufigkeit von Pseudarthrosen schwanken in Abhängigkeit von Lokalisation, Versorgung und Literatur. Die Inzidenz der Pseudarthrose liegt für alle Frakturen im Mittel bei 2% und bis hin zu über 20 – 30% bei offenen Tibiaschaft- oder auch Humerusschaftfrakturen mit konservativer Therapie.

  • Zu den wesentlichen allgemeinen Risikofaktoren bei der Pseudarthroseentstehung gehören insbesondere ein Nikotinabusus (ca. Faktor 2,3 gegenüber Nichtrauchern), Diabetes mellitus und eine insgesamt schlechte Einstellung des Blutzuckers, Adipositas, Vitamin-D-Mangel und Veränderungen im Hormonhaushalt (u. a. TSH, Nebenschilddrüsen-, Geschlechtshormone) und verschiedene Medikamenteneinnahmen. Darüber hinaus bedingen auch Voroperationen eine Pseudarthrose, inklusive des sogenannten „Surgeon Factors“.

  • Ein wesentlicher Fokus in der Aufarbeitung von Pseudarthrosen ist die Beurteilung eines möglichen Infektstatus der Pseudarthrose. Neben den klassischen klinischen Zeichen eines periimplantären Infektes können dabei insbesondere die Bildgebung und Laborchemie unterstützen. Liegen keine Zeichen eines Infektes vor, ist ein einzeitiges Vorgehen statthaft. Ausreichende, repräsentative intraoperative Proben (Gewebeproben anstatt reiner Abstriche!) sollten gewonnen werden.

  • Ausführliche Klassifikationssysteme, allen voran der NUSS-Score, können dabei helfen, eine Pseudarthrose systematisch zu erfassen und hinsichtlich ihrer Genese und der weiteren Therapie korrekt einzuschätzen.

  • Häufige und erfolgversprechende operative Revisionsverfahren in Abhängigkeit der Lokalisation sind:

    • Klavikula: Plattenosteosynthese mit autologer Spongiosa/Beckenkammspan.

    • Humerusschaft: Kompressionsplattenosteosynthese ± autologer Knochen, additive Plattenosteosynthesen neben einem Marknagel ± autologem Knochen.

    • Unterarmschaft: Kompressionsplattenosteosynthese ± autologer Knochen.

    • Femurschaft: Austauschnagelung mit Implantaten größeren Durchmessers, additive Plattenosteosynthesen neben einem Marknagel mit autologer Knochentransplantation.

    • Tibiaschaft: Austauschnagelung mit Implantat größeren Durchmessers.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
17. November 2022

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