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DOI: 10.1055/a-1867-3942
Strukturierte Befundung bei Multipler Sklerose – Konsensbasierte Befundvorlagen für die magnetresonanztomografische Untersuchung des Gehirns und des Rückenmarks
Article in several languages: English | deutsch

Zusammenfassung
Aufgrund technischer Entwicklungen und der breiteren Verfügbarkeit von Geräten der Bildgebung nimmt die Zahl an neuroradiologischen Untersuchungen stetig zu [1]. Mit steigender Bildqualität und Sensitivität können zusätzlich mehr Details erkannt werden, sodass auch die Befundung komplexer und zeitaufwendiger wird. Gleichzeitig erlauben zuverlässige Algorithmen auch vermehrt quantitative Bildanalysen, die standardisiert in Befunde integriert werden sollten. Mit zunehmender Digitalisierung nimmt außerdem der persönliche Austausch zwischen den Neuroradiologen und zuweisenden Disziplinen ab, wodurch die Kommunikation erschwert wird. Um weiterhin die gewohnten Qualitätsstandards der neuroradiologischen Befunde gewährleisten zu können, ist daher die Einführung der strukturierten Befundung wünschenswert, die auf die jeweilige spezifische Erkrankung und Fragestellung zugeschnitten sein muss [2, 3] und mindestens der zweiten Stufe entsprechend der Definition der Deutschen Röntgengesellschaft entsprechen sollte (https://www.befundung.drg.de/de-DE/2908/strukturierte-befundung/). Zu den Vorteilen der strukturierten Befundung gehört eine Arbeitserleichterung für die Neuroradiologen sowie ein Informationsgewinn für den Zuweiser. Eine vollständige und standardisierte Liste mit relevanten Details für die Bildbefundung werden den Neuroradiologen auf dem jeweils aktuellen Wissenstand zur Verfügung gestellt, wodurch dem Vergessen wichtiger Punkte vorgebeugt wird [4]. Zusätzlich sind eine Zeitersparnis und Effizienzsteigerung bei der Befundung festgestellt worden [5]. Ein weiterer Vorteil liegt in der Klarheit und Konstanz des Befundes sowie in der besseren Vergleichbarkeit in Verlaufsuntersuchungen, die unabhängig vom jeweiligen Befundstil der Neuroradiologen sind. Dadurch wird die Kommunikation mit den zuweisenden Disziplinen verbessert und die klinische Entscheidungsfindung wesentlich erleichtert [6, 7]. Obwohl diese Vorteile deutlich überwiegen, sollten potenzielle Nachteile, wie die Reduzierung der Autonomie in der Befunderstellung und die inadäquate Abdeckung aller relevanten Einzelheiten und ggf. von nicht mit der Hauptpathologie assoziierten Nebenbefunden in komplexen Fällen oder bei seltenen Erkrankungen, bedacht werden [4]. Daher sind weiterhin Studien erforderlich, die die Vorteile der strukturierten Befundung untersuchen, die Einführung dieses Systems in den klinischen Alltag fördern und die Akzeptanz bei den Neuroradiologen erhöhen. Auf der Website www.befundung.drg.de sind bereits zahlreiche spezifische Vorlagen für die strukturierte Befundung vorhanden, wie z. B. zu Erkrankungen aus dem Bereich der Kardiologie und Onkologie. Die Multiple Sklerose (MS) ist eine idiopathische chronisch-entzündliche und neurodegenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems und die häufigste nicht traumatisch bedingte entzündliche neurologische Erkrankung bei jungen Erwachsenen und daher von bedeutender individueller, aber auch sozioökonomischer Relevanz [8]. Die Magnetresonanztomografie (MRT) spielt bei dieser Erkrankung eine bedeutende Rolle bei der Diagnose, Prognoseabschätzung und Verlaufsbeurteilung. Die Diagnosekriterien haben als zentrale Diagnostik die MRT verankert, sodass praktisch alle Patienten mit einer gesicherten MS-Diagnose spezifische Veränderungen im MRT aufweisen [9]. Bei der Befundung von MRT-Datensätzen des Gehirns und des Rückenmarks von Patienten mit einer MS werden die Bilder hinsichtlich der Fragestellung untersucht, ob die Diagnosekriterien der sogenannten im Jahr 2017 revidierten McDonald-Kriterien [10] erfüllt sind, welche die zeitliche und räumliche Dissemination klinisch, aber auch kernspintomografisch nach den Empfehlungen der MAGNIMS-Gruppe [11, 12] definieren. Eine genauere Definition der Läsionstypen und -lokalisationen gemäß den Empfehlungen einer internationalen Expertengruppe [13] wird im Zusatzmaterial erläutert. Signalauffälligkeiten im Myelon zeigen sich in bis zu 92 % der MS-Patienten [14–16] und sind vor allem im zervikalen Myelon lokalisiert [15]. Die 2021 erschienenen Empfehlungen der MAGNIMS–CMSC–NAIMS Arbeitsgruppe [11] empfehlen auch explizit die Verwendung einer strukturierten Befundung für MS-Patienten.
Daher wurde in einem Konsensverfahren im Rahmen des BMBF geförderten DIFUTURE-Konsortiums interdisziplinär mit neuroradiologischen und neurologischen Experten in Übereinstimmung mit den oben genannten aktuellen Empfehlungen [11] eine Befundvorlage für die Beurteilung von magnetresonanztomografischen Untersuchungen des Gehirns und Rückenmarks von Patienten mit MS erstellt und zur möglichst breiten Anwendung zur Verfügung gestellt (https://github.com/DRGagit/ak_befundung). Es soll dadurch eine effiziente und vollständige Beurteilung von Patienten mit MS in der Primärdiagnostik und der Verlaufsbildgebung ermöglicht werden. Diese Befundvorlagen sind als konsensbasierte Empfehlung anzusehen und besitzen keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder gar Vollständigkeit. Die AG für Informationstechnologie (@GIT) der DRG und die DGNR sind bestrebt, die hier vorgestellten Befundvorlagen bei neuen Forschungserkenntnissen oder Empfehlungen der MAGNIMS-CMSC-NAIMS-Gruppe [11] auf dem jeweils aktuellen Stand zu halten.
Kernaussagen:
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Konsensbasierte Befundvorlage
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Vorschlag einer strukturierten Befundung für die Beurteilung von MRT-Untersuchungen von Patienten mit Multipler Sklerose
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Die strukturierte Befundung kann die Kommunikation zwischen Neuroradiologen und Zuweisern erleichtern
Zitierweise
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Riederer I, Mühlau M, Wiestler B et al. Structured Reporting in Multiple Sclerosis – Consensus-Based Reporting Templates for Magnetic Resonance Imaging of the Brain and Spinal Cord. Fortschr Röntgenstr 2023; 195: 135 – 138
Publication History
Received: 19 October 2021
Accepted: 09 May 2022
Article published online:
29 July 2022
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