intensiv 2022; 30(05): 230-231
DOI: 10.1055/a-1888-2625
Kolumne

30 Jahre Intensiv – Happy Birthday!

Zoom Image
Quelle: Friedrich Günther

1992! Die Wende war gerade mal drei Jahre her. Helmut Kohl war Bundeskanzler, und Gesundheitsminister war übrigens – ich hatte es schon fast vergessen – Horst Seehofer. Ein Amt, das offensichtlich bei den potenziellen Anwärtern nicht sehr begehrt scheint.

In Deutschland wurden damals 809 114 Menschen geboren, von denen jetzt vielleicht die eine oder der andere diese Kolumne liest, weil sie oder er gerade als hochmotivierte und bestqualifizierte Pflegekraft auf einer Intensivstation durchs Leben läuft.

Im Radio schmetterte Dr. Alban „It’s my life“ im Wechsel mit Right Said Fred „Don’t talk, just kiss“. Der Kassenschlager im Kino war 1992 zweifellos „Bodyguard“, knapp gefolgt von „Basic Instinct“.

Es war laut chinesischem Kalender das Jahr des Affen. Das Rotkehlchen war der Vogel und die Bergulme der Baum des Jahres. Wer 1992 geheiratet hat, feiert in diesem Jahr Perlenhochzeit.

Ich war damals um die 30, hatte wahrscheinlich eine gepflegte Dauerwelle und ging mit Schminke im Gesicht nicht gerade zurückhaltend um. In dem Jahr hatte ich schon mehr als zehn Jahre Intensivstation hinter und noch etwa zehn Jahre vor mir. Dann musste es aber auch gut sein. Durch diese vielen Jahre Erfahrungen und Erlebnisse glaube ich, dass ich einen recht guten Überblick über die Entwicklung auf Intensivstationen habe. Ich kenne diverse Generationen von Beatmungsgeräten: von groß wie ein mittleres Möbelstück bis zu den heutigen hochtechnischen Geräten. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie die ersten geschlossenen Absaugsysteme auf die Stationen kamen. Und von den mühsam aufzubauenden Saugdrainagen oder ZVD-Messsystemen will ich gar nicht reden. Ich erinnere mich gut an die nicht enden wollende handschriftliche Patientendokumentation und die Mühen der Einführung der digitalen Kurven. Es hat sich viel getan.

Was sich in den letzten 30 Jahren nicht geändert hat, sind der Personalmangel, die stetige Arbeit gegen die Uhr und der fehlende politische Wille, sich ernsthaft unserer Berufsgruppe anzunehmen. Selbst eine Coronakrise konnte nichts daran ändern.

Mein ganzes Berufsleben war geprägt von Fort- und Weiterbildungen – ob auf Station, im jeweiligen Krankenhaus, in Workshops, ob in kurzen bis Jahre dauernden externen Weiterbildungen. Stillstand gab es bisher nie. In meinem Bücherregal stehen Fachbücher, Leitfäden und Fachzeitschriften.

Vor 136 Jahren gründete der gelernte Verlagsbuchhändler Georg Thieme (1860–1925) sein eigenes Verlagshaus, in dem er von Anbeginn nur wissenschaftliche Literatur und Zeitschriften veröffentlichte. Seine ersten Titel waren unter anderem „Deutsche Medizinische Wochenschrift“, „Internationale Monatsschrift für Anatomie und Physiologie“ und „Zeitschrift für physikalische Therapie“.

Ganze Generationen von Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten haben in ihren Ausbildungen und späteren Tätigkeiten mit den Produkten des Verlags gelernt, gearbeitet und sich weitergebildet. Jeder von uns kennt die typischen Einbände in Dunkelblau, Hellblau und Weiß.

1992 erschien dann auch die erste Fachzeitschrift für Intensivpflege und Anästhesie: die intensiv. Und Zeit wurde es auch. Schon Anfang der 1950er-Jahre hat man in Deutschland erkannt, dass die Pflege von schwerstkranken und frisch operierten Patienten ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg bei der Überwindung der Erkrankungen und erfolgreichen Behandlung und Genesung ist und dass dabei ein hohes Maß an Wissen auch bei den Pflegenden durchaus von Vorteil wäre. In den 60er-Jahren begannen dann schon erste Fortbildungen in den Krankenhäusern, die meist von den Ärzten gestaltet wurden. Erste Intensivstationen wurden eingerichtet und haben sich im Lauf der letzten Jahrzehnte unverzichtbar gemacht. Ohne diese und damit auch das gut qualifizierte, kluge, einsatzbereite und äußerst belastbare Pflegepersonal wäre unsere heutige Medizin undenkbar. Daher ist auch eine passende Fachzeitschrift vom Thieme Verlag nur eine Frage der Zeit gewesen. Eine Zeitschrift für die Weiterbildung, für den Austausch und – was nicht ganz von der Hand zu weisen ist, denn klappern gehört ja schließlich auch zum Handwerk – für die Darstellung der Intensivpflege und deren Protagonisten.

Ich gratuliere dem Verlag und den Machern der intensiv zu ihrem 30-jährigen Jubiläum. Eine gute und wichtige Zeitschrift, die nicht nur den Kollegen auf den Intensivstationen wichtig sein sollte, sondern auch interessierten Lesern zeigt, wie hochanspruchsvoll, modern und wichtig die Arbeit aller Beschäftigten in diesen Abteilungen in den Krankenhäusern dieses Landes ist.

Auf die nächsten 30 Jahre!

In diesem Sinne

Ihre

Heidi Günther

guenther-heidi@web.de



Publication History

Article published online:
14 September 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany