Aktuelle Kardiologie 2022; 11(05): 461-470
DOI: 10.1055/a-1912-5132
Kurzübersicht

Echokardiografische Graduierung der Mitralklappen- und der Trikuspidalklappeninsuffizienz

Echocardiographic Evaluation of Mitral and Tricuspid Regurgitation
1   Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Charité Universitätsmedizin Berlin – Campus Virchow-Klinikum, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN72217)
2   Kardiologie, Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN14929)
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Thomas Binder
3   Digitale Lehre, Medizinische Universität Wien, Wien, Österreich (Ringgold ID: RIN27271)
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Zusammenfassung

Die Mitralklappeninsuffizienz und Trikuspidalklappeninsuffizienz sind häufige Vitien. Die Echokardiografie ist essenziell bei der initialen Diagnose und Graduierung, während therapeutischer Interventionen sowie in den Verlaufskontrollen. Sowohl für die Mitralklappe als auch für die Trikuspidalklappe gilt das gleiche Grundprinzip: Zunächst muss der Mechanismus der Insuffizienz erkannt werden, es geht um die Unterscheidung einer primären/strukturellen von einer sekundären/funktionellen Insuffizienz. Im Anschluss erfolgt eine holistische Analyse des Schweregrads der Insuffizienz, die immer qualitative, quantitative sowie semiquantitative Aspekte umfasst.

Abstract

Mitral regurgitation and tricuspid regurgitation are common valvular lesions. Echocardiography is essential in diagnosis and gradation, during therapeutic interventions, as well as during follow-up. Both, for the mitral valve and for the tricuspid valve, the same basic rules apply: the mechanism of regurgitation needs to be determined. It is essential to differentiate a primary/ structural frrm a secondary/ functional regurgitation. A holistic analysis of severity of the regurgitant lesions always includes a systematic analysis of qualitative, quantitative, and semi-quantitative parameters.

Was ist wichtig?
  • Unterscheidung einer primären/strukturellen von einer sekundären/funktionellen Insuffizienz: mechanisches „Strukturproblem“ der Klappe oder Klappenringdilatation mit konsekutiv eingeschränkter Koaptation der Segel?

  • Graduierung der Mitralklappeninsuffizienz (MI) und der Trikuspidalklappeninsuffizienz (TI) immer systematisch per qualitativer, quantitativer und semiquantitativer Evaluation.

  • Unabhängig vom Mechanismus liegt eine hochgradige funktionelle MI vor, wenn EROA (effektive Regurgitationsfläche) ≥ 40 mm2 sowie Regurgitationsvolumen ≥ 60 ml.

  • Ein zusätzlicher Schweregrad „mittel- bis hochgradige“ MI liegt bei Patienten mit eingeschränkter Herzleistung („Low Flow“) vor, wenn die EROA ≥ 30 mm2 und das Regurgitationsvolumen ≥ 45 ml beträgt.

  • Eine wirksame MI und TI kann Auswirkungen auf die übrigen Herzhöhlen haben, diese werden als extravalvuläre Herzschädigung („Extravalvular cardiac Damage“) zusammengefasst.

  • Eine eigene Untergruppe machen Patienten mit einer transtrikuspidalen Device-Sonde aus, eine sondeninduzierte TI muss differenzialdiagnostisch immer bedacht werden.

  • Einteilung der TI in 3 (leicht, mittel, hochgradig) oder in 5 Grade, bei zweiterer Klassifizierung wird die hochgradige TI noch weiter in hochgradig, massiv sowie sintflutartig („torrential“) differenziert.

  • Liegt bei der initialen Analyse ein (tachykardes) Vorhofflimmern vor und erfolgt im Verlauf eine Rhythmus- oder Frequenzkontrolle, so muss im Anschluss eine Reevaluation des Schweregrads der MI und der TI erfolgen.

  • Es kann zu ausgeprägten Unterschieden des Grades einer funktionellen AV-Klappen-Insuffizienz in der hydropen Dekompensation im Vergleich zur Euvolämie kommen. Es muss eine (Re)evaluation zum Zeitpunkt der Euvolämie erfolgen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
05. Oktober 2022

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