Zusammenfassung
Die Anlage einer Thoraxdrainage ist zwar grundsätzlich eine einfache, aber oft lebensrettende Notfallmaßnahme. Trotz der Häufigkeit der Prozedur zeigen sich jedoch Unsicherheiten im Umgang
mit daraus resultierend hoher Komplikationsrate. Für alle Beteiligten stellt sowohl die Diagnostik, die Indikationsstellung und die Anlage selbst, wie auch das nachfolgende Management der
Drainage eine wiederkehrende Herausforderung dar. Die Unter-AG Lungenverletzung der interdisziplinären AG (Arbeitsgemeinschaft) Thoraxtrauma der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie
(DGT) und Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) erarbeitete konsensuelle Behandlungsempfehlungen basierend auf einer Systematic-Review-like Literaturrecherche (MEDLINE via PubMed
von 1997 bis 2022). Mit der aktuell vorliegenden Recherche konnten 60 repräsentative Arbeiten identifiziert werden, die Empfehlungen zulassen, jedoch meist nur einen niedrigen Evidenzgrad
aufweisen. Die Empfehlungen sind nicht mit Evidenzgraden hinterlegt, sondern haben zunächst Konsenscharakter.
Für den instabilen Patienten mit Thoraxtrauma stellt die Thoraxdrainage das Mittel der Wahl zur Entlastung eines Pneumothorax oder Hämatothorax dar. Beim Spannungspneumothorax sollte eine
initiale Entlastungspunktion mit einer mindestens 5 cm langen Kanüle, gefolgt von der Anlage einer Thoraxdrainage erfolgen. Diagnostik und Beurteilung des Patienten sollten primär und im
Verlauf durch die klinische Untersuchung, eine Röntgenuntersuchung des Thorax sowie eine Thoraxsonografie erfolgen, Goldstandard der Diagnostik ist jedoch die Computertomografie (CT). Beim
kreislaufstabilen Patienten soll eine kleinlumige Drainage (z. B. 14 Charrière [Charr]) verwendet werden, instabile Patienten sollten eine großlumige Drainage erhalten. Thoraxdrainagen
besitzen eine hohe Komplikationsrate zwischen 5% und 25%. Häufig sind insbesondere Fehlpositionierungen im Rahmen der Anlage. Eine Fehllage kann jedoch meist nur im CT sicher erkannt oder
ausgeschlossen werden. Eine Therapie sollte mit mildem Sog erfolgen, ein Abklemmen vor Entfernung ist nicht zielführend. Der Drainagenzug kann sowohl am Ende der Inspiration oder Exspiration
sicher erfolgen. Zur Verringerung der hohen Komplikationsrate sollte vermehrt der Fokus auf die Ausbildung und das Training der Anwender gelegt werden.
Abstract
For unstable patients with chest trauma, the chest tube is the method of choice for the treatment of a relevant pneumothorax or haemothorax. In the case of a tension pneumothorax, needle
decompression with a cannula of at least 5 cm length should be performed, directly followed by the insertion of a chest tube. The evaluation of the patient should be performed primarily with
a clinical examination, a chest X-ray and sonography, but the gold standard of diagnostic testing is computed tomography (CT).
A small-bore chest tube (e.g. 14 French) should be used in stable patients, while unstable patients should receive a large-bore drain (24 French or larger). Insertion of chest drains has a
high complication rate of between 5% and 25%, and incorrect positioning of the tube is the most common complication. However, incorrect positioning can usually only be reliably detected or
ruled out with a CT scan, and chest X-rays proofed to be insufficient to answer this question. Therapy should be carried out with mild suction of approximately 20 cmH2 O, and
clamping the chest tube before removal showed no beneficial effect. The removal of drains can be safely performed, either at the end of inspiration or at the end of expiration. In order to
reduce the high complication rate, in the future the focus should be more on the education and training of medical staff members.
Schlüsselwörter Thoraxdrainage - Thoraxchirurgie - Thoraxtrauma
Keywords chest tube - thoracic surgery - thoracic trauma - chest drain