Pneumologie 2023; 77(03): 139
DOI: 10.1055/a-2009-1811
CAPNETZ

Sterblichkeit nach ambulant erworbener Pneumonie: Wie sich das Risiko abschätzen lässt

Die ambulant erworbene Pneumonie (community-acquired pneumonia, CAP) ist eine häufige Infektionskrankheit mit einer hohen Sterberate. Zum Sterberisiko früh nach Entlassung aus dem Krankenhausaufenthalt ist bisher wenig bekannt. Glöckner et al. [1] beschreiben demografische und klinische Faktoren, anhand derer sich das Sterberisiko innerhalb von 30 Tagen nach Entlassung abschätzen lässt.

Die Sterblichkeit von Patienten mit einer CAP hängt von der Krankheitsschwere und dem Vorhandensein von Begleiterkrankungen ab und beträgt unter 1% bei ambulanten Patienten und bis zu 14 % bei hospitalisierten [2]. In der Kohorte der CAPNetz-Studie, einer multizentrischen Beobachtungsstudie zur CAP bei Erwachsenen, verstarben 1,6 % aller Patienten innerhalb von 30 Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Dies entspricht 26 % aller Todesfälle durch CAP in dieser Kohorte – ein Fakt, der die Notwendigkeit einer verbesserten Nachsorge und Evaluation des Gesundheitsstatus vor Entlassung substantiiert.

Anhand von 7882 Patienten, die im Zeitraum von 2002–2018 in der CAPNetz-Studie dokumentiert wurden, sind 10 auswertbare Risikofaktoren in einer multivariaten Analyse sichtbar [1]:

  • Alter > 71 Jahre

  • BMI < 27

  • Diabetes mellitus

  • chronische Nierenerkrankungen

  • chronische neurologische Erkrankungen

  • Körpertemperatur zur Zeit der Einweisung < 38,3 °C

  • Thrombozytenzahl > 298 Gpt/L bei Aufnahme

  • Dauer des Krankenhausaufenthaltes > 13 Tage

  • Notwendigkeit einer Sauerstoffgabe

  • Post-obstruktive Pneumonie

Zudem wurden 70 % der nach Entlassung verstorbenen Patienten zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme mit einem CURB-65 ≥ 2 bewertet. Der CURB-65-Score ist eine klinische Einstufung des Pneumonie-Schweregrades und des akuten Mortalitätsrisikos. Ein deutlicher Hinweis auf ein erhöhtes Sterberisiko war auch eine erneute Einweisung ins Krankenhaus: 56 % der verstorbenen Patienten wurden innerhalb von 30 Tagen erneut hospitalisiert.

Weitere Charakteristika häuften sich in der univariaten Analyse in der Patientengruppe, die nach Entlassung verstarb. Hierzu zählten eine Häufung von Enterobacteriaceae und Staphylococcus aureus als Pneumonie-Erreger, eine Änderung in der Antibiotikatherapie und das Vorhandensein eines Pleuraergusses.

Es sollte hierzu beachtet werden, dass in der CAPNetz-Kohorte durch prospektive Rekrutierung schwerste und nicht einwilligungsfähige Fälle unterrepräsentiert sind, was sich in einer relativ niedrigen allgemeinen Sterberate von 3,9 % in der CAPNetz-Studie niederschlägt und damit von anderen retrospektiven, populationsbasierten Kohorten mit einer Sterberate von 12–17 % abweicht. Zudem ist die vorgestellte Analyse auf im Rahmen der Studie erhobene Parameter beschränkt.

Es verbleibt nachzuweisen, ob sich die Sterberate unter entlassenen CAP-Patienten durch verbessertes Monitoring verringern lässt. Eine amerikanische Studie [3] weist darauf hin, dass ein erhöhter post-akuter therapeutischer Aufwand v. a. bei funktionell eingeschränkten Patienten mit einer Reduktion der Wiederaufnahme ins Krankenhaus und der Sterberate einhergeht.

Fazit

Die hohe 30-Tage Mortalität der CAP nach Entlassung macht deutlich, dass das CAP-Management post-akut erweitert werden sollte. Die Studie beschreibt Risikofaktoren, welche zum Zeitpunkt der CAP-Hospitalisierung erhoben werden können. Anhand dieser ließen sich laut Autoren Risikopatienten erkennen, was in der Praxis zur Vorbeugung verspäteter Komplikationen der CAP und etwaiger chronischer Erkrankungen beitragen könnte.

Christina Julius, Hannover



Publication History

Article published online:
14 March 2023

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