Aktuelle Kardiologie 2023; 12(04): 291-297
DOI: 10.1055/a-2055-5064
Kurzübersicht

Krebstherapien und Herzrhythmusstörungen – worauf muss ich achten?

Anti-cancer Treatments and Arrhythmias – What is Crucial?
Claudia de Wall
1   Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
Dominik Berliner
1   Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
1   Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
› Institutsangaben

Zusammenfassung

Im Rahmen onkologischer Therapien ist das Auftreten von nahezu allen bradykarden und tachykarden Herzrhythmusstörungen beschrieben. Die Arrhythmien können Auswirkungen auf die Krebsbehandlung haben und lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Die Kenntnis des Nebenwirkungsprofils der eingesetzten Substanzklassen ist bedeutsam für das Monitoring der Patienten. Oftmals werden QTc-Zeit-verlängernde Substanzen verabreicht. Eine QTc-Zeit von > 500 ms geht mit einem erhöhten Risiko für ventrikuläre Tachykardien einher und bedarf eines strukturierten Vorgehens gemäß neuer ESC-Leitlinie. Ein Absetzen der lebenswichtigen Krebstherapie sollte der letzte Schritt sein. Die bei Vorhofflimmern etablierten Scoring-Systeme zur Risikostratifizierung sind für Krebspatienten nicht validiert, sodass vor Einleitung einer oralen Antikoagulation eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen sollte.

Abstract

Arrhythmias are common side effects of several major classes of antineoplastic agents. The spectrum of arrhythmias is broad. Arrhythmias can have significant impact on cancer treatment, morbidity, and mortality. Knowledge of the agent-specific cardiovascular side-effects is essential for structured management of cardio-oncologic patients. Several cancer therapies have been recognized to cause QTc prolongation. The risk of malignant arrhythmias is considered to increase with QTc intervals in excess of 500 ms. Careful measurement of the QT interval is important to minimize the risk of arrhythmias and to prevent unnecessary cessation of cancer therapy. The new ESC guideline gives a recommendation for QTc prolongation in cancer patients. The standard risk assessment tools in atrial fibrillation patients have not been validated in the cancer population. Therefore, the decision on anticoagulation should be based on individual risk stratification.

Was ist wichtig?
  • Viele Krebsmedikamente können das Auftreten von verschiedensten Rhythmusstörungen begünstigen und in einigen Fällen das Aus- oder Absetzen der Krebstherapie notwendig machen, was aber in jedem Fall der letzte Schritt ggf. nach interdisziplinärer Beratung sein sollte.

  • Insbesondere eine QT-Zeit-Verlängerung ist Folge vieler Substanzen. Die neue ESC-Leitlinie zur Kardioonkologie von 2022 liefert eine Handlungsempfehlung für onkologische Patienten mit klinisch relevant verlängerter QTc-Zeit.

  • Die häufigste Rhythmusstörung stellt Vorhofflimmern dar. Die etablierten Risiko-Scores für Vorhofflimmern (CHA2DS2-VASc-Score, HAS-BLED-Score) sind für Krebspatienten nicht validiert. Die Indikationsstellung zur oralen Antikoagulation bei Krebspatienten mit Vorhofflimmern erfolgt nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. August 2023

© 2023. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany