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DOI: 10.1055/a-2058-1487
Kommentar zu „Hypertonus: Renale Ultraschall-Denervation sicher und wirksam?“

Azizi und weitere europäische und amerikanische Kollegen haben die Daten der RADIANCE-II-Studie veröffentlicht. Von allen bisher veröffentlichten Studien zur Wirksamkeit einer renalen Denervierung ist diese Studie die bisher überzeugendste und beweist einen kurzfristigen Effekt der renalen Denervation auf den arteriellen Blutdruck. Allerdings fällt die Blutdrucksenkung mit 6,3 mmHg systolisch und 3,9 mmHg diastolisch in der 24-Stunden-Messung eher gering aus, war aber etwas besser als in den 4 bisher veröffentlichten randomisierten Studien zur renalen Denervation bei Patienten ohne resistentem Hypertonus. In einer kürzlich durchgeführten Metaanalyse dieser Studien lag die mittlere Blutdruckreduktion bei 4,2 mmHg systolisch und 2,6 mmHg diastolisch [1]. In der Zusammenschau dieser 5 Studien kann aber mittlerweile sicher festgehalten werden, dass eine renale Denervierung zu einer signifikanten Blutdrucksenkung führt. Dies war nach den enttäuschenden Daten der Simplicity-III-Studie nicht klar. Die erreichte Blutdrucksenkung ist aber weit niedriger als die vor 10 Jahren nach der Veröffentlichung der Simplicity-I- und II-Studie geweckte Hoffnung auf eine dauerhafte Blutdrucksenkung von >20mmHg systolisch bei Patienten mit resistentem Hypertonus.
Somit stellt sich die Frage, ob der beobachtete Effekt ausreichend ist, um die renale Denervation Patienten mit Hypertonus zu empfehlen. Nach über 10 Jahren Entwicklungszeit von verschiedenen Firmen gehe ich persönlich nicht mehr von einer wesentlichen Verbesserung der Ablationskatheter aus, um die Effektivität der Ablation zu steigern. Positiv ist hervorzuheben, dass in allen aktuellen Studien keine wesentlichen Nebenwirkungen aufgetreten sind und auch keine Häufung von Nierenarterienstenosen kurzfristig beobachtet wurde. Allerdings wiegen die folgenden Punkte diesen vermeintlichen Vorteil auf:
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Das Hauptargument gegen die Anwendung einer renalen Denervation ist der niedrige blutdrucksenkende Effekt. So wurde der systolische Tagesmittelwert in der aktuellen Studie von 150,2 mmHg nur auf 142,3 mmHg gesenkt. Damit hat ein Großteil der renal denervierten Patienten nicht den Zielwert von 135 mmHg erreicht. In der Tat gelang dies nur bei 18,8% der Patienten. Somit ist das ursprüngliche Ziel der renalen Denervation, das Problem der fehlenden Adhärenz in der ambulanten Hypertonietherapie zu umgehen, ad acta gelegt. Fast alle Patienten werden nach einer renalen Denervation noch weiterhin eine antihypertensive Medikation benötigen.
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Jede medikamentöse Monotherapie mit den derzeit empfohlenen Antihypertensiva ist mindestens genauso effektiv wie die renale Denervation, und im Gegensatz zur renalen Denervation haben wir harte Endpunktstudien, in denen ein kardiovaskulärer Vorteil gesichert wurde.
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Eine Fixkombination mit 2, 3 oder in Zukunft möglicherweise sogar 4 verschiedenen Antihypertensiva ist um ein Vielfaches stärker blutdrucksenkend. Chow et al. konnten 2021 zeigen, dass eine 4-fach-Fixkombination in sehr niedriger Dosierung (Irbesartan 37,5 mg, Amlodipin 1,25 mg, Indapamid 0,625 mg und Bisoprolol 2,5 mg) zu einer Normalisierung des Blutdrucks auf unter 140/90 mmHg bei >75% der Patienten geführt hat und sogar >40% einen Blutdruck <120/80 mmHg erreicht haben [2].
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Der Langzeitnutzen der renalen Denervation ist bisher nicht belegt. In allen Studien, in denen mit zunehmender Dauer nach Intervention ein weiter abfallender Blutdruck beschrieben wurde, bestand keine Verblindung.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine renale Denervation den Blutdruck zwar senkt, dass dieser Effekt aber so gering ist, dass es kaum Patienten gibt, die von der Therapie profitieren sollten. Für mich gibt es nur 2 potenzielle Patientenkollektive: 1. Nachgewiesene Unverträglichkeit gegen die meisten Antihypertensiva (extrem selten), 2. Vollständige Non-Adhärenz bei medikamentöser Therapie. Hier sollten aber zunächst andere Maßnahmen (Schulung, Beratung, Fixkombinationen etc.) ergriffen werden.
Publication History
Article published online:
23 August 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Ahmed M, Nudy M, Bussa R. et al. A Subgroup Meta-Analysis Comparing the Renal Denervation Sham-Controlled Randomized Trials Among Those With Resistant and Nonresistant Hypertension. Am J Cardiol 2023; 191: 119-124
- 2 Chow CK, Atkins ER, Hillis GS. et al. Initial treatment with a single pill containing quadruple combination of quarter doses of blood pressure medicines versus standard dose monotherapy in patients with hypertension (QUARTET): a phase 3, randomised, double-blind, active-controlled trial. Lancet 2021; 398: 1043-1052