Zusammenfassung
Muskelsehnenverletzungen haben vor allem bei Schnellkraftsportarten einen hohen
Anteil an allen Verletzungen. Sowohl vom Dehnen beim Aufwärmen als auch
vom regelmäßigen Dehnen wird eine Reduzierung der
Muskelsehnenverletzungen erwartet. Die Angabe über das Ausmaß
der Reduzierung erfolgt entweder in Prozent oder über die Empfehlung,
wie viele Jahre man dehnen muss, um eine Muskelsehnenverletzung zu vermeiden.
Die Angaben weisen eine große Streuung auf (5–54%,
5–23 Jahre).
Im vorliegenden Beitrag wird erläutert, wie diese unterschiedlichen
Zahlen zustande kommen und wie sie zu interpretieren sind. Dabei kommen dem
unterschiedlichen Verletzungsrisiko bei verschiedenen sportlichen
Aktivitäten und den Unterschieden beim Belastungsumfang (Stunden pro
Jahr) eine besondere Bedeutung zu.
In den entsprechenden Metaanalysen der letzten Jahre wurden vor allem
zwölf Primärstudien berücksichtigt. Dabei werden von den
Metaanalysen jeweils unterschiedliche und unterschiedlich viele
Primärstudien einbezogen. Vor allem vier Primärstudien sind
für eine Berechnung des relativen Risikos geeignet. Diese Berechnung
ergibt, dass ca. ein Drittel der Muskelsehnenverletzungen vermieden werden kann.
Dieses Ergebnis wird durch fünf weitere Primärstudien
gestützt. Es kann nicht geklärt werden, ob diese Reduzierung
durch kurzfristige Aufwärmeffekte oder langfristige Anpassungen
verursacht wird. Daher sollte dem Dehnungstraining in der Sportpraxis beim
Aufwärmen (dynamisches Dehnen) und beim regelmäßigen
Dehnen (alle Methoden) große Bedeutung beigemessen werden. Neben dem
Dehnen gibt es weitere Maßnahmen, die das Verletzungsrisiko verringern
können, so das exzentrische Krafttraining.
In zukünftigen Studien sollten der Belastungsumfang und die
Verletzungsinzidenz in Verletzungen pro 1000 Stunden angegeben werden. Da diese
Angaben in vielen Primärstudien fehlen, können die Ergebnisse
kaum verglichen und übertragen werden. Darüber hinaus sollten
zusätzliche Variablen wie z. B. Vorverletzungen erhoben werden
und in eine multivariate Auswertung einfließen.
Summary
Of all injuries, muscle tendon injuries comprise a high proportion, especially
with regard to high-speed sports. Both stretching during warm-up and regular
stretching are expected to reduce muscle tendon injuries. The extent of the
reduction is given either as a percentage or by recommending how many years one
needs to stretch to avoid muscle tendon injury. The data shows a wide dispersion
(5–54%, 5–23 years).
This article explains how these different figures come about and how inferences
can be drawn from them. The risk of injury during various sporting activities
and the differences in the amount of stress (hours per year) are of particular
importance. With respect to the meta-analyses of the last few years, 12 primary
studies in particular were considered. The meta-analyses include different and
varying numbers of primary studies. Four primary studies in particular are
suitable for calculating relative risk. This calculation shows that about a
third of muscle tendon injuries can be avoided. The outcome is supported by five
other primary studies. It cannot be clarified whether the reduction is caused by
short-term warm-up effects or long-term adjustments. Therefore, more emphasis
should be attached to stretching training in sports practice when warming up
(dynamic stretching) and regular stretching (all methods). In addition to
stretching, there are other measures that can reduce the risk of injury, such as
eccentric strength training. In future studies, the extent of stress and injury
incidence should be reported in injuries per 1000 hours. Since this
information is missing in many primary studies, the results can hardly be
compared and transferred. Moreover, additional variables such as previous
injuries should be collected and included in multivariate evaluations.
Stichworte Dehnungstraining - Verletzungsinzidenz - Verletzungsprävention - Muskel-/Sehnenverletzungen.
Key words Stretch training - injury incidence - injury prevention - muscle/tendon injuries.