Handchir Mikrochir Plast Chir 2023; 55(03): 211-215
DOI: 10.1055/a-2074-3095
Originalarbeit

Konstellationen des karpalen Gefüges bei fehlverheilten extraartikulären distalen Radiusfrakturen

Carpal Malalignment in Malunited Fractures of the Distal Radius
Karl-Josef Prommersberger
1   Klinik für Elektive Handchirurgie, St. Josef Krankenhaus Schweinfurt, Schweinfurt, Germany
,
David Ring
2   Hand Clinic, Massachusetts General Hospital, Boston, United States
,
Jesse B Jupiter
2   Hand Clinic, Massachusetts General Hospital, Boston, United States
,
Ulrich Lanz
3   Klinik für Handchirurgie, Rhön Klinikum AG, Bad Neustadt an der Saale, Germany
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Ziel Untersuchung und Klassifikation der Auswirkungen der Ausheilung distaler extraartikulärer Radiusfrakturen in Fehlstellung auf das karpale Gefüge.

Material und Methoden Auf den präoperativen, streng seitlichen Röntgenaufnahmen des Handgelenkes von 72 Patienten mit einer symptomatischen fehlverheilten extraartikulären distalen Radiusfraktur, 43 mit Dorsal- und 29 mit vermehrter Palmarkippung der Speichengelenkfläche, wurden die Neigung der Speichengelenkfläche sowie der radiolunäre (RL-) und der kapitolunäre Winkel bestimmt. Das Ausmaß der Fehlstellung der Speichengelenkfläche wurde definiert als der Winkel zwischen der Senkrechten zur Längsachse des Radius und der Tangente an die dorsale und palmare Radiuslippe plus 11° bei Dorsalkippung und minus 11° bei vermehrter Palmarkippung der Radiusgelenkfläche. Dabei wurden der errechnete Wert bei Palmarkippung der Gelenkfläche mit einem vorangestellten Minuszeichen versehen. Im Rahmen der Radiuskorrekturosteotomie erfolgte bei 9 Patienten mit Ausheilung des distalen Radius mit Dorsalkippung der Gelenkfläche aus verschiedenen Gründen eine Abklärung des skapholunären Bandes. Vier dieser Patienten wiesen eine Komplettruptur des skapholunären Bandes auf.

Ergebnisse Anhand des RL-Winkels wurden 4 verschiedene Konstellationen des karpalen Gefüges im Rahmen fehlverheilter distaler extraartikulärer Radiusfrakturen identifiziert: Typ P mit Palmarkippung des Lunatums und einem RL-Winkel kleiner − 12°; Typ K mit einer kollinearen Verschiebung der Längsachse des Karpus gegenüber der Längsachse der Speiche mit einem RL-Winkel zwischen − 12 und 10°; Typ A mit Dorsalkippung des Lunatums über 10°, jedoch kleiner als das Ausmaß der Verkippung der Speichengelenkfläche und Typ D mit einem RL-Winkel größer als das Ausmaß der Verkippung der Speichengelenkfläche. Sowohl bei mit Dorsalkippung als auch mit vermehrter Palmarneigung fehlgeheilten Radiusfrakturen fanden sich alle 4 Karpuskonstellationen. Dabei war der Typ A, der dem adaptiven Karpus entspricht, mit 25 von 43 Fällen bei mit Dorsalkippung der Speichengelenkfläche fehlverheilten Frakturen führend und die kollineare Subluxation des Karpus (Typ K) mit 12 von 29 Fällen bei mit vermehrter Palmarneigung der Gelenkfläche verheilten Frakturen. Um die Kippung des Lunatums auszugleichen und die Längsachse der Hand parallel zur Längsachse des Radius auszurichten, erfolgte bei mit Dorsalkippung der Gelenkfläche verheilten Radiusfrakturen eine zum Lunatum gegenläufige Kippung des Kapitatums. Bei mit vermehrter Palmarneigung der Gelenkfläche verheilten Frakturen führte eine Extension des Kapitatums zur Neutralstellung der Hand. Vier der 5 Patienten mit einer Konstellation des Karpus vom Typ D mit Abklärung des skapholunären Bandes wiesen eine Komplettruptur des Bandes auf.

Schlussfolgerung In dieser Studie konnten vier verschiedene Konstellationen des karpalen Gefüges bei fehlverheilten extraartikulären distalen Radiusfrakturen gefunden werden. Der Typ D sollte bei mit Dorsalkippung der Radiusgelenkfläche verheilten Frakturen an eine skapholunäre Bandruptur denken lassen, weshalb in diesen Fällen eine entsprechende Abklärung sinnvoll erscheint.

Abstract

Purpose To evaluate and classify carpal alignment in malunited fractures of the distal radius.

Materials and Methods On standardized lateral radiographs of the involved wrist of 72 patients with a symptomatic extra-articular malunion of the distal radius, 43 with a dorsal and 29 with a palmar angulation, radius tilt (RT), radiolunate (RL) and lunocapitate angle were measured. Malposition of the radius was defined as RT plus 11° in dorsal malunion and RT minus 11° in palmar malunion. A palmar tilt of the radius was marked with a minus sign. At the time of corrective osteotomy 9 dorsal malunions underwent for different reasons evaluation of the scapholunate ligament with 4 having a complete scapholunate ligament disruption.

Results With respect to the RL-angle, carpal malalignment was categorized as follows: type P with a RL-angle less than –12°, type K with a RL-angle between –12 and 10°, type A with a RL-angle more than 10°, but less than the malposition of the radius, type D with a RL-angle greater than the malposition of the radius. All types of carpal malalignment were found in both, dorsally and palmarly tilted malunion. Type A carpal alignment was identified as the leading type in dorsal malunion (25 out of 43 patients), whilst in palmar malunion colinear subluxation of the carpus (type C) was the dominant type (12 out of 29 patients). To return the hand to a neutral position the rotation of the lunate was compensated by a contrarotation of the capitate in the dorsal malunion. In the palmar malunion a dorsal extension of the capitate returned the hand to a neutral position. In 4 of the 5 patients with type D carpal alignment, who had scapholunate ligament evaluation, a complete ligament tear was found.

Conclusion In this study four different types of carpal alignment in malunited extra-articular fractures of the distal radius were identified. Based on this data we suspect that type D carpal alignment in dorsal malunion may be associated with a scapholunate ligament tear. Therefore, we recommend wrist arthroscopy for this group of patients.



Publication History

Received: 14 April 2023

Accepted: 14 April 2023

Article published online:
08 May 2023

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