PiD - Psychotherapie im Dialog 2024; 25(01): 103-104
DOI: 10.1055/a-2088-5910
Resümee

Künstlerische Therapien

Von der Passion zur Profession

Über 80 Seiten zum Thema Künstlerische Therapien liegen nun hinter Ihnen – was ist Ihr Eindruck?

Wir hoffen, dass unser Heft Ihnen einen Eindruck vermitteln konnte, wie breit das Spektrum der künstlerischen Therapieformen inzwischen geworden ist, welche Möglichkeiten und Chancen sich hier finden lassen: Die Künstlerischen Therapien haben ihre etablierten Ansätze weiter ausdifferenziert und eine Vielzahl neuer Interventionen überzeugend entwickelt, z. B. die stärkere Einbeziehung der Natur, die Verknüpfung von Collagearbeit und Imaginationsverfahren oder Techniken des therapeutischen Schreibens. Die Praxisbeispiele zeigen eindrucksvoll, wie psychotherapeutische Wirkfaktoren, etwa Problemaktualisierung, Klärung und Ressourcenaktivierung, in den Künstlerischen Therapien umgesetzt werden.

Die Akademisierung hat Früchte getragen

Eine wesentliche Erkenntnis aus diesem Heft ist für uns die inzwischen sehr profunde wissenschaftliche Fundierung der Künstlerischen Therapien. Die Akademisierung der Ausbildungsgänge und damit auch die Etablierung der Künstlerischen Therapien an Hochschulen hat Früchte getragen. Künstlerische Therapie kam in der PiD auch in der Vergangenheit immer mal wieder vor, v. a. als Praxisbericht in Heften, die sich mit spezifischen Störungsbilden beschäftigten. Dies ist nun das erste Heft, das sich speziell diesem künstlerisch-therapeutischen Zugang widmet. Wir denken, dass das Heft genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Denn es zeigt, dass es inzwischen nicht nur sehr viel aus der Praxis der Künstlerischen Therapie zu berichten gibt, sondern dass inzwischen eine intensive, überwiegend tiefenpsychologisch sowie systemisch fundierte theoretische Fundierung hinzugekommen ist. Gleichzeitig ist es spannend zu sehen, wie sich eine spezifische wissenschaftliche Methodik der Künstlerischen Therapien entwickelt und sich damit eine zunehmende Evidenzbasierung auch auf diesem Gebiet etabliert.

Manch einem mag das Angst machen und zu der Befürchtung führen, dass hiermit das Spontane, weniger Verkopfte der künstlerischen Therapieformen verloren gehen könnte. Wir hoffen, dass die zahlreichen Praxisbeispiele vermitteln, dass diese Befürchtung eher nicht zutrifft. Spontanes und kreatives Handeln einerseits und wissenschaftliches Reflektieren andererseits sind keine Gegensätze, sondern können sich gut ergänzen.

Sehr froh sind wir ins in diesem Zusammenhang auch über die Entscheidung, mit Constanze Schulze-Stampa eine der führenden Vertreterinnen der künstlerischen Therapieforschung im deutschsprachigen Raum als Mitherausgeberin eingeladen zu haben. Angesichts der oben skizzierten Entwicklung der inzwischen erfolgten Professionalisierung wäre es aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß, nur über Künstlerische Therapien zu schreiben, anstatt das Heft gemeinsam als Dialog zwischen Künstlerischer Therapie und etablierten psychotherapeutischen Verfahren zu gestalten.


#

Nächster Schritt: Etablierung im ambulanten Setting

Ein wichtiger Schritt zur Professionalisierung der Künstlerischen Therapien ist auch die Vereinheitlichung der akademischen Ausbildungsgänge auf diesem Gebiet. Dies erleichtert ihre Integration im klinischen Setting ganz wesentlich und verbessert ihren Stellenwert im therapeutischen Team. Gleichzeitig bleibt zu hoffen, dass dies auch eine zunehmende Etablierung der Künstlerischen Therapien im ambulanten Setting die Tür öffnet. Auch in unserem Heft fällt auf, dass Künstlerische Therapie immer noch überwiegend im stationären Rahmen stattfindet. Viele Patientinnen und Patienten fragen bei der Entlassung nach der Möglichkeit einer künstlerisch-therapeutischen Weiterbehandlung. Hier zeigt sich, dass eine erhebliche Versorgungslücke besteht. Wir sind gespannt, ob diese etwas kleiner sein wird, wenn das nächste PiD-Heft zu Künstlerischen Therapien erscheint.

Volker Köllner, Barbara Stein und Constanze Schulze-Stampa


#

Publication History

Article published online:
05 March 2024

© 2024. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany