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DOI: 10.1055/a-2107-6188
„Same same, but different“: Spezifischer Rückenschmerz

Liebe Leserinnen und Leser,
wie Kopfschmerzen oder Schwindel sind Rückenschmerzen erstmal „nur“ ein Symptom und keine Erkrankung [1]. Allerdings sind sie weltweit die häufigste Ursache für Behinderungen [2]. Generell betrachtet sind Rückenschmerzen demnach ein ernsthaftes Problem, sowohl für die Betroffenen als auch die Gesellschaft. In der Mehrzahl der Fälle gibt es jedoch keine eindeutig zu identifizierende pathoanatomische Ursache und zugrunde liegende schwerwiegende Ursachen sind sehr selten [1].
Trotz der Einführung des biopsychosozialen Modells Ende der 1970er-Jahre stand eine strukturelle, biomedizinische oder biomechanische Herangehensweise viele Jahre im Vordergrund. Möglicherweise bestand die Hoffnung, dass doch eine Ursache für jeden Rückenschmerz gefunden werden kann, wenn wir nur noch genauer untersuchen oder die Technik der Bildgebung besser wird. In meiner Wahrnehmung schwang dann das Pendel Anfang der 2000er massiv in die andere Richtung und der Einfluss von strukturellen Veränderungen wurde aufgrund vieler Studien, die auch bei Menschen ohne Symptome strukturelle Auffälligkeiten in der Bildgebung fanden, in Frage gestellt. Mittlerweile scheint sich eine Balance einzustellen, auch wenn der soziale Teil des biopsychosozialen Modells immer noch wenig von Physiotherapeut*innen beachtet wird [3].
Bei all den möglichen Einflussfaktoren für den weitaus größten Teil der Rückenschmerzen, die als unspezifisch klassifiziert werden, stellt sich jedoch die Frage, ob wir in der Lage sind, den Teil an Personen mit einer spezifischen Ursache zu identifizieren. Da auch der spezifische Rückenschmerz heterogen ist, fällt diese Identifikation zwar nicht immer leicht, ist aber zwingend notwendig, da diese Patient*innen nicht allein von uns Physiotherapeut*innen versorgt werden können.
Aus diesem Grund haben wir den Schwerpunkt dieses Hefts dem spezifischen Rückenschmerz gewidmet. Prof. Dr. Chenot gibt mit seinem Team einen Einblick, wie „spezifischer Rückenschmerz“ definiert werden sollte, und kommt zu dem Schluss, dass bei der Definition alles andere als Einigkeit besteht. Im ersten der beiden Vertiefungsartikel stellt Prof. Laura Finucane (UK) Strategien vor, wie im klinischen Setting der Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung graduiert werden kann. Das Thema „Modic Changes“ spielt im zweiten Vertiefungsartikel und im Praxisteil eine Rolle. Dr. Mathias Rosenbaum gibt Hintergrundwissen und interviewt Prof. Dr. Wim Dankaerts zu möglichen Therapieoptionen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Eintauchen in das Thema „Spezifischer Rückenschmerz“ und beim Lesen der wieder sehr interessanten und relevanten Schmerzseiten dieser Ausgabe sowie der weiteren informativen Artikel.
Herzliche Grüße
Arne Vielitz
Publication History
Article published online:
07 September 2023
© 2023. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Maher C, Underwood M, Buchbinder R. Non-specific low back pain. Lancet 2017; 389: 736-747
- 2 Hartvigsen J, Hancock MJ, Kongsted A. et al. What low back pain is and why we need to pay attention. Lancet 2018; 391: 2356-2367
- 3 Mescouto K, Olson RE, Hodges PW. et al. A critical review of the biopsychosocial model of low back pain care: time for a new approach?. Disabil Rehabil 2022; 44: 3270-3284