Zusammenfassung
Einleitung
Erstmals seit 1971, wurde das Zervixkarzinom-Screening als organisierte
Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (oKFE-RL) ab 01.01.2020 neu geregelt. Ab einem Alter von 20
Jahren wird jährlich ein zytologischer Abstrich und ab 35 Jahren ein sogenanntes Co-Testing
(Zytologie und Test auf HPV-High-Risk-Viren) alle 3 Jahre durchgeführt. Bei Auffälligkeiten
wird entsprechend dem Algorithmus abgeklärt. Dieser Abklärungsalgorithmus definiert, dass
auch sogenannte Niedrigrisikogruppe frühzeitig eine kolposkopische Beurteilung erhalten.
Diese Vorgehensweise wurde stark diskutiert und dient als Grundlage dieser
Registerstudie.
Methode
Alle Patientinnen, die sich im Rahmen des Abklärungsalgorithmus zur Kolposkopie in den
Zentren vorgestellt hatten, wurden nach Einwilligung eingeschlossen. Folgende Befunde wurden
erhoben: Anamnese, kolposkopische, histologische und zytologische Befunde sowie mögliche
Therapien und deren Befund. Ziel war es, die Häufigkeit der Zielläsionen zervikale
intraepitheliale Neoplasie (CIN) 2+/CIN 3+ in den jeweiligen Gruppen zu evaluieren.
Ergebnis
Von Juli 2020 bis Oktober 2022 wurden insgesamt 4763 Patientinnen in die Studie
eingeschlossen. Als Zuweisungsdiagnose zeigte sich bei 23,9% (1139) eine HPV-Persistenz
(HPV: humanes Papillomavirus) mit Gruppe I, bei 2,1% (100) eine HPV-Persistenz mit Gruppe
II-a, bei 11,2% (535) ein II-p (ASC-US) und bei 1,3% (64) ein II-g (AGC endocervical NOS).
Einen III-p (ASC-H) bzw. III-g (AGC endocervical favor neoplastic) hatten 9,4% (447) bzw.
2,2% (107), einen IIID1 (LSIL) 19% (906), einen IIID2 (HSIL, moderate Dysplasia) 18,9%
(898), einen IVa-p (HSIL, severe Dysplasia) 10,7% (508), einen IVa-g (AIS) 0,7% (31), einen
IVb-p (HSIL with Features suspicious for Invasion) bzw. IVb-g (AIS with Features suspicious
for Invasion) 0,3% (15), 0,1% (6) und 7 V. a. auf Invasion V-p (squamous Cell Carcinoma)/V-g
(endocervical Adenocarcinoma) (0,1%). In der Gruppe der IVa-p (HSIL, severe Dysplasia) ergab
sich bei 67,7% eine CIN 2+ bzw. bei 56,5% eine CIN 3+, Adenocarcinoma in situ (AIS) und
Adenokarzinom. Wertete man zusätzlich die Histologien der direkt aufgrund des
kolposkopischen Befundes Exzidierten mit aus, ergab sich in 79,7% eine CIN 2+ bzw. 67,3%
eine CIN 3+. Bei IIID2 (HSIL, moderate Dysplasia) ergab sich in 50,9% eine CIN 2+ bzw. bei
28,3% CIN 3+/AIS, dies erhöhte sich nach Auswertung der direkt Operierten auf 53,0% CIN 2+
bzw. auf 29,3% CIN 3+/AIS. Bei IIID1 (LSIL) zeigte sich in 27,4% eine CIN 2+ bzw. in 11,7%
eine CIN 3+/AIS und bei II-p (ASC-US) bei 23,4% eine CIN 2+ bzw. 10,8% eine CIN 3+ und AIS
und bei II-g (AGC endocervical NOS) in 34,4% eine CIN 2+ bzw. in 23,4% eine CIN 3+. In der
Gruppe der HPV-Persistenz/II-a und I zeigte sich in 21% eine CIN 2+ bzw. in 12,1% eine
CIN 3+ und AIS bzw. in 13% eine CIN 2+ und in 5,9% eine CIN 3+ und AIS. Bei den
Patientinnen, die HPV-negativ waren und alleine aufgrund des zytologischen Abstrichs
abgeklärt wurden, ergab sich in 27,9% eine CIN 2+ bzw. in 14,1% eine CIN 3 und AIS.
Diskussion
In Zusammenschau der vorliegenden Befunde unserer ersten Daten der Registerstudie zum
neuen Zervixkarzinom-Screening, entsprechend der organisierten
Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (oKFE-RL), konnten wir zeigen, dass bei einem nicht
unerheblichen Anteil, besonders in der zytologischen Niedrigrisikogruppe, die Zielläsion
einer CIN 3+ und AIS unerwartet häufig nachgewiesen wird. Wir können heute nicht
beantworten, ob sich dadurch die Inzidenz und die Mortalität des Zervixkarzinoms senken
lässt, aber dies könnte ein erster Hinweis darauf sein und wird in weiteren
Langzeitauswertungen überprüft.
Schlüsselwörter Zervixkarzinom-Screening - Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (oKFE-RL) - Co-Test - Abklärungsalgorithmus - zervikale intraepitheliale Neoplasie - humanes Papillomavirus (HPV)