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DOI: 10.1055/a-2183-4240
Kommentar zu „Leberzirrhose: Risikoabschätzung mit dem ‚LiverRisk-Score‘“
Etwa 2% der jährlichen Todesfälle in Deutschland sind durch eine Leberzirrhose mit ihren Komplikationen bedingt, inklusive dem hepatozellulären Karzinom (HCC) [1]. In der Regel dauert es von Beginn der zugrundeliegenden Lebererkrankung bis zur Ausbildung einer Zirrhose viele Jahre bzw. Jahrzehnte. Bei rechtzeitiger Diagnosestellung und adäquater Therapie der Lebererkrankung lässt sich das Voranschreiten zur Zirrhose verhindern. Seit 2021 gehört die einmalige Untersuchung auf eine Hepatitis B oder C zur Gesundheitsvorsorge ab dem 35. Lebensjahr, die Kosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Dies ist ein wichtiger Fortschritt, da eine medikamentöse Therapie der Hepatitis B eine Progression zur Zirrhose sicher verhindert und die Hepatitis C durch eine nebenwirkungsarme, 8–12 Wochen dauernde Therapie geheilt werden kann. Somit wird die Zahl der Hepatitis B- oder C-assoziierten Zirrhosen weiter sinken. Allerdings sind Hepatitis B und C nur für knapp 30% der zirrhosebedingten Todesfälle in Deutschland verantwortlich [1]. Einen größeren Anteil hieran haben Zirrhosefälle aufgrund einer alkoholischen Lebererkrankung sowie aufgrund einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH), welche seit neuestem als Metabolische Dysfunktion-assoziierte Steatohepatitis (MASH) bezeichnet wird [2]. Da die Risikofaktoren Alkoholkonsum sowie metabolisches Syndrom einen Großteil der Allgemeinbevölkerung betreffen, ist eine Identifizierung von Personen mit besonders hohem Risiko für die Entwicklung einer Zirrhose essenziell, um diese Personen einer spezialisierten Diagnostik und Therapie, wie z.B. Alkoholentwöhnung und Lebensstilmodifikation, zuführen zu können. Bisherige Risiko-Scores zur Erkennung von Personen mit relevanter Leberfibrose und somit hohem Risiko für die Entwicklung einer Zirrhose wurden nicht für die Allgemeinbevölkerung entwickelt, sondern für spezielle Personengruppen wie z.B. Hepatitis-C-Infizierte. Daher ist ihre prädiktive Genauigkeit in der Allgemeinbevölkerung eingeschränkt [3]. Beim Einsatz dieser Risiko-Scores zum Screening der Allgemeinbevölkerung würden also viele falsch-positive Resultate zu einer Vielzahl an nicht notwendigen Folgeuntersuchungen führen. Der in dieser Studie etablierte LiverRisk-Score wurde hingegen in großen Kohorten von Personen ohne bekannte Lebererkrankung etabliert und validiert. Seine prädikative Genauigkeit ist somit deutlich höher als die bisheriger Scores. Überzeugend ist vor allem, dass der LiverRisk-Score in der Validierungskohorte die leberassoziierte Mortalität über die nächsten 12 Jahre sehr gut vorhersagen konnte. Dementsprechend sollten alle Personen mit einem hohen Risiko-Score (geschätzte Lebersteifigkeit ≥15 kPa; in der Studie 0,1% aller Personen; 12,9% davon starben in der 12-jährigen Nachbeobachtungszeit aufgrund der Lebererkrankung) sowie einem mittleren Risiko-Score (geschätzte Lebersteifigkeit 10 bis <15 kPa; 0,8% aller Personen; 4,1% davon starben in der 12-jährigen Nachbeobachtungszeit aufgrund der Lebererkrankung) einer spezialisierten Diagnostik und Therapie zugeführt werden. Personen mit einem minimalen Risiko-Score (geschätzte Lebersteifigkeit <6 kPa; 86,4% aller Personen; praktisch keine Todesfälle aufgrund einer Lebererkrankung) benötigen hingegen keine weitere Diagnostik oder Therapie. Der Personengruppe mit einem niedrigen Risiko-Score (geschätzte Lebersteifigkeit 6 bis <10 kPa; 12,7% aller Personen; kaum Todesfälle aufgrund einer Lebererkrankung) könnte ggf. eine fokussierte Diagnostik [4] oder eine erneute Bestimmung des Risiko-Scores nach 10 Jahren angeboten werden.
Publication History
Article published online:
02 April 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Sepanlou SG. et al. The global, regional, and national burden of cirrhosis by cause in 195 countries and territories, 1990–2017: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet Gastroenterol Hepatol 2020; 5: 245-266
- 2 Rinella ME. et al. A multi-society Delphi consensus statement on new fatty liver disease nomenclature. J Hepatol 2023;
- 3 Berzigotti A. et al. EASL Clinical Practice Guidelines on non-invasive tests for evaluation of liver disease severity and prognosis – 2021 update. J Hepatol 2021; 75: 659-689
- 4 Reincke M, Thimme R. Erhöhte Leberwerte: eine differenzialdiagnostische Herausforderung. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 809-817