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DOI: 10.1055/a-2187-3631
Editorial – Für unsere Zukunft müssen wir streiten
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
eine aus durchaus gegebenem Anlass einberufene und sehr gut frequentierte Krisensitzung der KBV im August hatte über ordentliches Getöse im Saal hinaus ein eher verhaltenes mediales Echo. Ergebnisse der Sitzung waren sieben aus meiner Sicht eher moderate Forderungen an die Politik. Der Inhalt dieser für die Sicherung unserer beruflichen Tätigkeit zentralen Fragen reicht vom Abbau unsinniger und überbordender Bürokratie über die Abschaffung vollkommen überflüssiger, aber zeitraubender Regresse, die faire Regelung der medizinischen Weiterbildung bis zur Abschaffung der Budgetierung.
Eine gute Grundlage also für die Aufnahme ehrlicher Gespräche. Bei allem Verständnis dafür, dass ein Minister sich ungerne Ultimaten stellen lässt, rührt dieser Schritt doch aus dem bislang konsequent verweigerten Dialog. Die einzig vernehmbare, etwas unbeholfene Reaktion von Herrn Minister Lauterbach auf einer Pressekonferenz drückt dann aber doch so einiges aus. Die beschriebenen ‚tempi passati’ sollten wir unsererseits als die berühmte Zeitenwende verstehen.
Die vertragsärztlich gestaltete ambulante Versorgung verpflichtet uns zur Sicherstellung und die andere Seite zur adäquaten Bezahlung. Dieser Vertrag ist durch die Einführung der Budgetierung vor 30 Jahren im Grundsatz gebrochen worden. Seitdem ist die morbiditätsbedingte Leistungsausweitung im ambulanten Sektor weitgehend auf unserem Rücken erfolgt. Rationalisierung und damit verbundene Leistungssteigerung sind selbstverständlich gängige Prinzipien der Arbeitswelt von denen wir uns nicht abgekoppelt fühlen. Andererseits ist der Abstand in der Vergütung vergleichbarer medizinischer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis und der in der Selbstständigkeit immer weiter geschwunden. Das hat seinen Grund weniger in Angebot und Nachfrage, sondern mehr in den Möglichkeiten, den jeweiligen Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Uns bleibt gegenwärtig nur eine glasklare Botschaft zu formulieren: Wir sind sehr leistungsfähig und leistungsbereit. Unsere rund 1 Milliarde ambulanter Patientenkontakte pro Jahr belegen das eindrucksvoll und zeugen von großem Vertrauen in unsere Kompetenz. Soll das so bleiben, brauchen wir allerdings spürbare Entlastung auf den beschriebenen Feldern und vor allem mehr Geld – nicht für uns, sondern für den Erhalt dieser hoch effizienten Struktur.
Die aktuell beschlossenen Honorarsteigerungen und die viel zu spät einsetzende Refinanzierung der MFA-Tariflohnsteigerungen bedeuten eine politisch entschiedene Leistungseinschränkung im ambulanten Sektor. Diesem Umstand können wir faktisch gar nicht mehr nennenswert entgegenwirken, umso wichtiger bleibt es aber, ihn zu kommunizieren und dagegen zu protestieren. Nur durch überlegten, sachlich vorgetragenen, aber sehr energischen Protest können wir den nötigen Druck und damit die erforderlichen politischen Reaktionen erzeugen.
Die Geschlossenheit zwischen den Körperschaften der Selbstverwaltung und uns war nach meiner Auffassung noch nie größer – jetzt ist es an uns!
Publication History
Article published online:
09 November 2023
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Georg Thieme Verlag KG
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