Arthritis und Rheuma 2023; 43(06): 426-428
DOI: 10.1055/a-2197-9572
Verbandsnachrichten

Nachrichten des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken e. V.

Heinz-Jürgen Lakomek

Erläuterungen der Änderungs- und Lösungsvorschläge von DGRh und VRA zur Krankenhausreform – Stellungnahme gegenüber der DGIM und AWMF im September 2023

Vorschläge zu Anpassungen des Leistungsgruppen-Systems aus NRW

Die Vorschläge zu Anpassungen des Leistungsgruppen-Systems aus NRW finden sich detailliert in der 2. Stellungnahme der DGRh und des VRA von August 2023, abrufbar unter: https://dgrh.de/Start/Publikationen/Positionen/2.-Stellungnahme-Krankenhausreform.html

Darin wird begründet, warum der Zusatz „Komplexe“ in der LG „Komplexe Rheumatologie“ irreführend ist, was analog aber auch für die anderen SP der Inneren Medizin gelten dürfte: Eine Abgrenzung in Form einer nichtkomplexen LG ist durch die LG „Allgemeine Innere Medizin“ gegeben.

Des Weiteren wird vorgeschlagen, die Option „Rheumaorthopädie“ aus der Leistungsgruppe „[Komplexe] Rheumatologie“ auszugliedern, da sonst Fälle einer Fachabteilung für Rheumaorthopädie (Fachabteilungsschlüssel 2309 „Orthopädie/Schwerpunkt Rheumatologie“) einer internistischen Leistungsgruppe zugeordnet werden. So werden im NRW-Modell Fälle, die aus einer Fachabteilung für Rheumaorthopädie entlassen werden, als „internistische Fälle“ gezählt und beplant.

Dementsprechend sollte auch bei den fachärztlichen Vorgaben die Qualifikation „FA Orthopädie und Unfallchirurgie mit ZW Orthopädische Rheumatologie“ als mögliche Alternative zur fachärztlichen Qualifikation der „Inneren Medizin und Rheumatologie“ entfallen. Ergänzend sollte auch die Vorhaltung von Leistungsgruppen des Leistungsbereichs „Unfallchirurgie und Orthopädie“ nicht mehr alternativ zur Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ sein. Eine Kooperation mit einem Krankenhaus mit Leistungsgruppen aus dem Bereich „Unfallchirurgie und Orthopädie“ ist medizinisch aber sinnvoll und ausreichend.

Die Gerätevorgaben („Sonografiegerät“, „Osteodensitometrie“) sollten gestrichen werden, da sich die fachliche Expertise in der Anwendung der Untersuchungstechnik (Gelenk-, Weichteil- und Gefäßsonografie) und in der Interpretation der erhobenen Befunde widerspiegelt und nicht in der Vorhaltung von Geräten, die zur Grundausstattung einer klinischen Einrichtung gehören. Die Fähigkeiten zur Nutzung der Geräte und Interpretation der Ergebnisse ist Teil der WBO, sodass diese Expertise bereits über die fachärztlichen Mindestvorgaben abgesichert ist.

Ähnliches gilt für die „schmerztherapeutische Kompetenz“, da Schmerztherapie auch Kernkompetenz der fachärztlichen Qualifikation in der Rheumatologie ist.

Auch wird empfohlen, die „Interdisziplinären Fallkonferenzen“ zu streichen, da regelmäßige oder routinemäßige interdisziplinäre Fallkonferenzen in der akutstationären Rheumatologie weder medizinisch notwendig noch sinnvoll sind. Dies bedeutet nicht, dass interdisziplinäre Besprechungen bei bestimmten rheumatologischen Krankheitsbildern (wie z. B. bei Nieren- oder Lungenbeteiligung) nicht wichtig sein können. Die rein muskuloskelettal betroffenen Rheumakranken profitieren hiervon jedoch nicht.

Die beiden letzten Streichungen könnten sich erübrigen, wenn nach § 135e Abs. 4 SGB V des Arbeitsentwurfes zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz die auf Landesebene in Nordrhein-Westfalen geltenden sonstigen Struktur- und Prozesskriterien ohnehin keine Anwendung finden sollen.


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Vorschläge zur Weiterentwicklung und zum Bürokratieabbau

Neue Fachabteilungsschlüssel für die internistischen Fachgebiete

Problembeschreibung

Eine trennscharfe Zuordnung insbesondere von interdisziplinär versorgten Behandlungsfällen zu den einzelnen Fachdisziplinen in der Inneren Medizin ist mittels Diagnosen nicht möglich. Denkbar wären neu zu schaffende Pseudo-OPS-Kodes. Über diese könnte bei einzelnen Behandlungsfällen gekennzeichnet werden, welche Fachdisziplinen an der Behandlung beteiligt waren. Wesentliche Nachteile dieser Lösung sind der damit verbundene administrative Aufwand (variable Kodierung im Einzelfall), der auch klinisches Personal binden könnte und eine zu erwartende hohe Fehlerquote. Fallprüfungen durch die Kostenträger wären ebenfalls denkbar, wenn die Kodierung einen Einfluss auf die Rechnungshöhe im Einzelfall nehmen würde.

Eine unbürokratische Lösung könnte darin bestehen, über differenzierte Fachabteilungsschlüssel darzustellen, in welchen Fachabteilungen ein Behandlungsfall versorgt wurde. Diese Daten werden automatisch erhoben und binden keine Personalressourcen.

Derzeit erlauben die bestehenden Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V jedoch keine differenzierte Darstellung. Viele spezialisierte Fachabteilungen nutzen den allgemeinen Fachabteilungsschlüssel „0100“ (Innere Medizin), auch weil in den Bundesländern keine differenzierte Krankenhausplanung („Teilgebieteplanung“) mehr erfolgt. Dies soll sich durch die geplante Reform nun ändern. Sinnvoll erscheint daher, Fachabteilungsschlüssel zur Verfügung zu stellen, die die standortspezifische Spezialisierung widerspiegeln können. Das derzeitige Repertoire ist dazu jedoch nicht geeignet, weil stets nur eine einzige Spezialisierung dargestellt werden kann. Viele internistische Fachabteilungen werden jedoch die Mindestvoraussetzungen (Qualitätskriterien) mehrerer internistischer Leistungsgruppen erfüllen.


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Lösungsvorschlag: Modulare Fachabteilungsschlüssel

Es erscheint sinnvoll, das System der Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V so weiterzuentwickeln, dass alle internistischen „Haupt-Spezialisierungen“ auch in unterschiedlichen Kombinationen in einem Fachabteilungsschlüssel darstellbar werden. Das System sollte automatisch an die Feststellungbescheide und damit an die neue Leistungsgruppen-Systematik gekoppelt werden und nicht mehr Bestandteil der Verhandlung zwischen Kostenträgern und Krankenhäusern sein.

Damit alle denkbaren Kombinationen abbildbar werden, bedarf es eines modularen Systems. Auch dieses System weist noch Limitationen auf, die nur durch eine grundsätzliche Anpassung der Datensatzbeschreibung für die Datenlieferung nach § 301 SGB V behoben werden könnten.

Bislang ist die gemeinsame Selbstverwaltung für die inhaltliche Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Datenübermittlung nach § 301 SGB V verantwortlich. Wenn Verbindungen zum Leistungsgruppen-System abgebildet werden sollen, bedürfte es vermutlich einer konkreten gesetzlichen Vorgabe. Die DGIM könnte sich hierfür im Rahmen des Reformprozesses einsetzen.

Ein Nachteil gegenüber einer OPS-Kodierung könnte darin gesehen werden, dass nur Verlegungen in bettenführende Abteilungen sichtbar werden, aber keine konsiliarischen Tätigkeiten. Im Hinblick auf die Zuordnung von Behandlungsfällen zu Leistungsgruppen, sollte dies aber ein untergeordnetes Problem darstellen. Der vom InEK zu entwickelnde Leistungsgruppen-Grouper wird mit einer Hierarchisierung der Leistungsgruppen arbeiten müssen, wenn es auch bei interdisziplinär behandelten Fällen zu einer stets eindeutigen Zuordnung kommen soll. Der Fall, dass eine konsiliarische Leistung die medizinische Hauptleistung in einem Behandlungsfall darstellt, dürfte selten sein. Aufwendige konsiliarische Leistungen sollten aber selbstverständlich bereits aus Gründen der leis tungsorientierten Vergütung (und krankenhausinterner Verteilungsalgorithmen) – sofern noch nicht geschehen – weiterhin über OPS-Kodes abgebildet werden.


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Weiterentwicklung der Angabe von fachärztlichem Personal im Qualitätsbericht

Problembeschreibung

Die derzeitige Spezifikation des Qualitätsberichts lässt auf der Ebene der Organisationseinheit nur die differenzierte Angabe der vorgehaltenen fachärztlichen Qualifikationen (ohne Quantifizierung) zu. Alle quantitativen Angaben wiederum sind nur ohne Differenzierung nach fachärztlicher Qualifikation möglich. Die Qualität der Daten im Qualitätsbericht weist vielerorts noch Optimierungspotenzial auf.

Krankenhäuser werden in Zukunft – zumindest standortbezogen – Rechenschaft über die personelle Vorhaltung fachärztlicher Qualifikationen ablegen können müssen, damit im Rahmen der Krankenhausplanung überprüft werden kann, ob die Mindestkriterien für die neuen Leistungsgruppen erfüllt werden (Stand Arbeitsentwurf Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz vom 19.09.2023). Diese Überprüfung soll durch den Medizinischen Dienst (MD) erfolgen. In NRW musste für die Krankenhausplanung das fachärztliche Personal einzeln namentlich angegeben werden. „Die Bezirksregierung fordert Nachweise an, wenn ihr dies nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erscheint“ (FAQ-Katalog zur Umsetzung des Krankenhausplans Nordrhein-Westfalen 2022 vom 27.10.2022).

Mit dem neuen Krankenhaustransparenzverzeichnis (Stand Kabinettsentwurf) plant der Bundesgesetzgeber wiederum weitere und neue Berichtspflichten zur personellen Ausstattung, die einer anderen Methodik folgen soll. Dabei wird u. a. eine Gliederung nach Standort und Fachabteilung angestrebt.

Es ist müßig zu erwähnen, dass die Verordnung über die Bundesstatistik für Krankenhäuser (§ 3 Nr. 13 KHStatV) ebenso einen eigenen Ansatz wählt, aus dem weder eine Zuordnung zu einem Krankenhausstandort noch zu einer Fachabteilung gelingen kann. Auch die Ärztekammern pflegen eigene Statistiken.

Mehrfache und methodisch unterschiedliche Berichtspflichten mit unterschiedlichen Bezugszeiträumen und Fristen verursachen unnötige administrative Aufwände.


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Lösungsvorschlag

Da Krankenhäuser eine genaue Kenntnis über die Qualifikation und den Einsatzort des ärztlichen Personals benötigen, erscheint es sinnvoll, eine abgestimmte Erfassung und Berichtserstattung nach bundesweit einheitlichen Regeln und einheitlichen Bezugszeiträumen und Fristen zu implementieren. Die DGIM könnte bei den verantwortlichen Akteuren eine bessere Abstimmung einfordern.

Derzeit ist die Erfassung im Qualitätsbericht am differenziertesten und sollte sinnvollerweise dort weiterentwickelt werden, da die Daten auch öffentlich in datentechnisch auswertbaren Formaten zur Verfügung gestellt werden. Neben der Möglichkeit zur Quantifizierung in Bezug auf die einzelnen fachärztlichen Qualifikationen sollten folgende weitere Aspekte diskutiert werden:

  1. Zeitnähere Veröffentlichung: Für das Krankenhaustransparenzverzeichnis sind extrem kurze Datenlieferfristen vorgesehen. Es ist zu befürchten, dass diese zu Lasten der Datenqualität gehen werden. Nichtsdestotrotz könnten (ggf. ausgewählte) Daten für die Qualitätsberichte deutlich zeitnäher veröffentlicht werden, insbesondere sofern Daten einen Einfluss auf Entscheidungen von Patientinnen und Patienten nehmen sollen.

  2. Aus Sicht der Patientinnen und Patienten ist es weniger relevant, wie viele Vollzeitäquivalente am Krankenhaus bzw. dessen Standort angestellt (oder anderweitig zugeordnet) sind, sondern wie viel Personal konkret eingesetzt wird. Fehlzeiten, wie Fortbildungen, unbezahlter Urlaub, Mutterschutz, Elternzeit, Krankheit, sollten zumindest in Summe kenntlich gemacht bzw. von den verfügbaren Vollzeitäquivalenten in Abzug gebracht werden. Anders als in der Pflege, die grundsätzlich über eine höhere Anzahl von Vollzeitäquivalenten verfügt (sodass einzelne Fehlzeiten prozentual nicht so sehr ins Gewicht fallen), können Fehlzeiten bei wenigen fachärztlichen Vollzeitäquivalenten bereits qualitativ deutliche Auswirkungen haben.

Bislang ist die gemeinsame Selbstverwaltung über den G-BA für die inhaltliche Ausgestaltung der Qualitätsberichte verantwortlich. Wenn eine Harmonisierung der Berichtspflichten erfolgen soll, bedürfte es vermutlich einer konkreten gesetzlichen Vorgabe. Die DGIM könnte sich hierfür im Rahmen des Reformprozesses einsetzen. Wenn die Informationen des Qualitätsberichtes über die gesetzlichen Mindestvorgaben hinausgehen sollen, müsste sich die DGIM hierfür bei den Partnern der gemeinsamen Selbstverwaltung stark machen. Da auch andere Fachgebiete mitbetroffen sind, wäre eine gemeinsame Initiative über die AWMF naheliegend.

DGRh, VRA

IMPRESSUM

Verantwortlich für den Inhalt

Prof. Dr. med. Heinz-Jürgen Lakomek

Geschäftsführer, Verband rheumatologischer Akutkliniken e. V.

E-Mail: lakomek@vraev.de


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Publication History

Article published online:
21 December 2023

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