Zusammenfassung
Ein niedriger sozio-ökonomischer Status (erhoben über Indikatoren wie
Schulbildung oder Einkommen) ist zumeist mit erhöhter Morbidität und Mortalität
verbunden. Viele empirische Studien haben das belegt. Sowohl in der
wissenschaftlichen als auch in der politischen Diskussion wird oft betont, dass
diese gesundheitliche Ungleichheit verringert werden sollte. Die Frage, wie der
Weg ,von Daten zu Taten‘ konkret aussehen könnte, lässt sich bisher jedoch erst
ansatzweise beantworten. Wir stehen vor der großen Herausforderung,
wissenschaftlich gut fundierte Vorschläge für die einzelnen Schritte auf diesem
Weg zu entwickeln. Von der dafür erforderlichen breiten interdisziplinären
Kooperation ist bisher aber nur wenig zu sehen. Im Mittelpunkt des vorliegenden
Beitrages steht eine Frage, die u.E. hier von besonderer Bedeutung ist: Wie sind
die empirischen Ergebnisse zur gesundheitlichen Ungleichheit und die daraus
abgeleiteten gesundheitspolitischen Forderungen aus ethisch-normativer und aus
gesundheits-ökonomischer Sicht zu bewerten? Wir konzentrieren uns daher auf die
Kooperation zwischen Sozial-Epidemiologie, Public-Health-Ethik und
Gesundheits-Ökonomie. Zunächst wird kurz erläutert, was jede dieser Disziplinen
beitragen kann, wenn konkrete Maßnahmen zur Verringerung der gesundheitlichen
Ungleichheit entwickelt werden sollen. Besonders hervorgehoben wird dabei die
Bedeutung der Public-Health-Ethik, denn sie richtet den Fokus auf grundlegende
und bisher weitgehend vernachlässigte Fragen wie zum Beispiel: Welche
Ungleichheiten sind ,ungerecht‘, und wie lässt sich diese normative Bewertung
ethisch begründen? Anschließend wird ein ,Stufenplan zur gesundheitspolitischen
Entscheidungsfindung‘ vorgeschlagen. Er beschreibt einige grundlegende Schritte
bei der Integration empirischer, normativer und ökonomischer Abwägungen. Der
Stufenplan zeigt, wie wichtig ein klar strukturiertes Vorgehen ist, und dass die
interdisziplinäre Zusammenarbeit den gesamten Prozess begleiten sollte,
angefangen bei Datenerhebung und -analyse bis hin zur Entwicklung von Maßnahmen.
Deutlich wird dabei auch, dass es auf diesem Weg ,von Daten zu Taten‘ noch viele
offene Forschungsfragen gibt, und dass die Diskussion zum Thema
,wissenschaftliche fundierte Entwicklung von Maßnahmen zur Verringerung der
gesundheitlichen Ungleichheit‘ gerade erst begonnen hat.
Abstract
Low socioeconomic status (assessed by indicators such as educational level or
income) is often associated with increased morbidity and mortality. This has
been shown in many empirical studies, also in Germany. There are numerous calls
for political interventions aimed at reducing these health inequalities, in
scientific discussions as well as in the public. Asked for scientifically based
recommendations on how to proceed ‘from data to action̓, we have to admit that
we are still faced with many questions and few answers. Developing these
recommendations poses many challenges such as, for example, how to integrate the
expertise from different public health disciplines. The present study focuses on
the cooperation between social epidemiology, public health ethics and health
economics, as we believe that these three disciplines are of particular
importance here. We briefly outline what each of them could contribute to the
development of practical interventions aimed at reducing health inequalities. We
particularly emphasize the importance of public health ethics, as it focuses on
questions that to date have largely been neglected in the German discussion: How
can we evaluate the empirical data and the proposed political interventions from
an ethical point of view? Which health inequalities are ‘unjust̓, and how can
this normative judgement be justified? Based on the expertise from the three
disciplines mentioned above, the aim is to pave the way ‘from data to action̓ by
developing a well-structured stepwise procedure for interventions aimed at
reducing health inequalities. The joint scheme could be very beneficial not only
for developing practical interventions, but also for further developing each
discipline in itself. The simple scheme proposed here could be a starting point
that helps specify many open questions on this path ‘from data to action̓.
Schlüsselwörter gesundheitliche Ungleichheit - Entwicklung von Maßnahmen - SozialEpidemiologie - Public-Health-Ethik - Gesundheits-Ökonomie
Key words health inequalities - development of interventions - social epidemiology - public health ethics - health economics