Phlebologie 2024; 53(01): 8
DOI: 10.1055/a-2225-3076
Literatur weltweit

Kommentar zu Unzureichende Compliance mit den NICE-Leitlinien zur Behandlung variköser Venen

Contributor(s):
Markus Stücker

Nicht selten divergieren die Empfehlungen von Leitlinien zur medizinischen Therapie auf der einen Seite und der tatsächlichen Realität in der medizinischen Praxis vor Ort auf der anderen Seite. Dies kann verschiedene Ursachen haben, nicht selten liegt eine gewisse Verzögerung zwischen der Erstellung und Publikation der Leitlinien und der Wissensvermittlung bei den Akteuren im Gesundheitswesen vor. Die vorliegende Studie zeigt nun eine etwas anders gelagerte Form der Divergenz zwischen Empfehlungen und Umsetzung in der Realität. Hier liegt die Einschränkung nicht in der unzureichenden Wissensvermittlung oder in fehlenden praktischen Fertigkeiten, sondern vorgelagert in der Finanzierung medizinischer Leistungen. Die Varizentherapie in Großbritannien unterliegt massiven finanziellen Einschränkungen. Obwohl die Leitlinien des National Health Service (NHS) in England klar vorgeben, dass symptomatische Varizenleiden behandelt werden sollen, wird diese Empfehlung durch die regionalen Gesundheitsinstitutionen nur in Ausnahmefällen finanziert. Die Finanzierung folgt nur in 29 % der Regionen den Empfehlungen des NHS. Dramatisch ist, dass sich die Versorgungslage von 2017 auf 2019 sogar von 34 %iger Übereinstimmung auf eine 29 %ige Übereinstimmung verschlechtert hat. Für das deutsche Gesundheitssystem sind solche Analysen von großer Wichtigkeit, da gerade im Zusammenhang mit den derzeitig laufenden Reformvorhaben (Krankenhausstrukturreform, Reform des ambulanten Operierens) immer wieder auf andere europäische Länder und ihre medizinischen Praktiken verwiesen wird. Nicht selten wird die geringere Anzahl von Varizenbehandlungen in anderen europäischen Ländern als Argument dafür angeführt, dass in Deutschland möglicherweise vorschnell behandelt wird. Die Daten aus Großbritannien belegen nun, dass die geringere Anzahl an Varizenbehandlungen im europäischen Ausland zumindest in Großbritannien nicht auf medizinischen Kriterien, wie sie durch den National Health Service definiert worden sind, beruht, sondern auf regionalen Finanzierungsproblemen. Vor diesem Hintergrund ist der Blick ins europäische Ausland nur eingeschränkt hilfreich bei den in Deutschland anstehenden Reformen des Gesundheitswesens.



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Article published online:
12 February 2024

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