Aktuelle Urol 2024; 55(03): 194
DOI: 10.1055/a-2226-0097
Referiert und kommentiert

Kommentar zu: Zystektomie: Perioperative Antibiotikaprophylaxe und Infektionsrisiko

Contributor(s):
Philipp Spachmann
1   der Praxis für Urologie Landau/Isar und Plattling, Landau/Isar, Deutschland
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Wundinfektionen sowie Harnwegsinfektionen bis zur Sepsis sind häufige Komplikationen nach einer Zystektomie mit Harnableitung sowie auch nach Entfernung der Ureterkatheter.

Um das insgesamt begrenzte Wissen um die perioperative Prophylaxe, jedoch auch eine Prophylaxe einer Harnwegsinfektion nach Entfernung der Ureterkatheter auszuwerten, erfolgte ein Review der existenten und auswertbaren Studien.

Um es gleich vorwegzunehmen: wer eine eindeutige Empfehlung dieses Reviews erwartet, wird enttäuscht werden, aber: dieser Review aus 20 Studien, 15 retro-, 5 prospektiv, mit 55.306 Patienten (81% Männer, 19% Frauen) gibt uns doch einiges an Informationen.

Die abzuleitenden Empfehlungen zur Prävention von Wundinfektionen sind insgesamt gängige klinische Praxis, auf diese geht dieser Kommentar nicht weiter ein, die abzuleitenden Informationen zu Harnwegsinfektionen unterstreichen jedoch, auch nach Ansicht der Autoren des Reviews, eines ganz direkt: sehr heterogene Herangehensweisen an die Thematik der Prophylaxe.

Keine Rolle in der Auswertung spielte der Stellenwert der präoperativen Darmreinigung, welche nach aktuellen Empfehlungen bei reiner Ileum-basierter Harnableitung nicht mehr empfohlen wird.

Studien mit sich deutlich unterscheidenden Liegezeiten der , hier zwischen 4 und 25 Tagen zu vergleichen, ist nicht sinnvoll möglich, ebenso bei differierender Dauer der antibiotischen Prophylaxe: Nur eine Studie setzte Antibiotika streng perioperativ ein, 12 bis zum dritten Tag nach OP im Sinne einer prolongierten Prophylaxe, die Maximaldauer betrug 30 Tage durchgehender antibiotischer Prophylaxe in einer Studie – und bei dieser Dauer nebenbei erwähnt auch nicht mit den niedrigsten Raten an postoperativen Harnwegsinfektionen.

Insgesamt zeigte sich bzgl. der Raten an Harnwegsinfektionen nach Zystektomie eine sehr breite Spannweite von 2–38%, die Rate der Blutstrominfektionen lag zwischen 2% und 19%.

Einige Studien beschrieben auch Single-shot-Gaben einer Antibiose bei Entfernung der . Ebenso heterogen stellte sich die Substanzwahl dar, von 2. über 3. Generationscephalosporine, über Nitrofurantoin und Cotrimoxazol bis hin zu Fluorchinolonen. Eine Metaanalyse war den Autoren dementsprechend auch nicht möglich, und trotzdem ist dieser Review wichtig und auch aussagekräftig:

Er unterstreicht, wie auch von den Autoren erwähnt, die Notwendigkeit von weiteren klinischen Studien in diesem Bereich um die Patientensicherheit sowohl intra- als auch postoperativ, aber auch bezüglich Resistenzentwicklungen wie auch Verschiebungen des Mikrobioms mit eventuellen Folgen für eine adjuvante uroonkologische Therapie zu gewährleisten.

Denn: aktuell existieren weder seitens der DGU noch der EAU-Leitlinienempfehlungen zum Vorgehen in dieser Hinsicht, und die Adhärenz an die Empfehlungen der AUA wird im Manuskript mit nur 30% angegeben. Es gibt viel zu tun.



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Article published online:
28 May 2024

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