Arthritis und Rheuma 2024; 44(03): 203
DOI: 10.1055/a-2246-5148
Kinderrheumatologie kompakt

Myositis-assoziierte Antikörper bei juveniler Myositis

Prasad T. Oommen

Sherman MA, Farhadi PN, Pak K et al. Myositis-associated autoantibodies in juvenile myositis are associated with refractory disease and mortality. Arthritis Rheumatol 2024 Jan 25. doi:10.1002/art.42813

Während die Myositis-spezifischen Antikörper (u. a. Anti-TIF1, Anti-NXP2, Anti-MDA5, Anti-ARS, Anti-Mi2, Anti-SRP, Anti-HMGCR, Anti-SAE) fast ausschließlich bei Patienten mit Myositis vorkommen und im Hinblick auf die klinischen Phänotypen teilweise gut charakterisiert sind, ist das bei den Myositis-assoziierten Antikörpern (u. a. Anti-Ro60, Anti-Ro52, Anti-La, Anti-PM/Scl, Anti-Ku, Anti-Smith, Anti-U1-RNP, Anti-TMG, Anti-NT5C1A) bei Kindern und Jugendlichen nicht der Fall. Die Gruppe der Myositis-assoziierten Antikörper (MAA) ist zudem nicht ausschließlich bei Myositiden, sondern auch bei anderen Kollagenosen wie beim SLE und der systemischen Sklerodermie nachweisbar.

In der vorliegenden Arbeit aus dem NIH (National Institutes of Health) in den USA wurden retrospektiv Seren von 565 Patientinnen und Patienten mit wahrscheinlicher („probable“) oder gesicherter („definite“) juveniler Myositis nach den sogenannten Bohan-and-Peter-Kriterien im Hinblick auf Vorkommen einer oder mehrerer MAA sowie auf Organbeteiligungen, Krankheitsverlauf und Prognose hin untersucht.

Bei 198 Patientinnen und Patienten (36 %) wurde mindestens ein MAA nachgewiesen, bei 69 (13 %) fanden sich mehr als ein MAA. MAA-positive Patientinnen und Patienten waren älter bei Diagnosestellung, wiesen höhere CK-Werte auf und litten mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an folgenden Organmanifestationen: Arthritis, Raynaud-Phänomen, Sklerodaktylie, Pannikulitis, Dysphagie, gastroösophagealem Reflux und interstitieller Lungenerkrankung. Im Hinblick auf den Verlauf waren die MAA-positiven Patientinnen und Patienten eher mit Medikamentenkombinationen behandelt, hatten schlechtere Outcomes und zeigten eher chronisch kontinuierliche und weniger häufig monozyklische Verläufe. Hierzu passend war die Mortalität (n = 28), vor allem bei jüngeren Patientinnen und Patienten mit MAA-Positivität, höher. Die mediane Zeit von Diagnosezeitpunkt bis zum Versterben lag bei 16,4 Jahren. Die Mortalität war zudem höher bei denjenigen Patientinnen und Patienten mit multiplen MAA.

Im Speziellen betrachten die Autorinnen und Autoren die MAA Anti-Ro60, Anti-PM/Scl und Anti-U1-RNP und zeigen folgende Charakteristika und Assoziationen:

  • Anti-Ro60: Pannikulitis, Gewichtsverlust, refraktäre Verläufe

  • Anti-PM/Scl: Mechanikerhände, Raynaud-Phänomen, interstitielle Lungenerkrankung

  • Anti-U1-RNP: SLE-Overlap, kardiale Auffälligkeiten, Risikofaktor für Mortalität (im Unterschied zu Erwachsenen, bei denen dieser Antikörper eher als protektiv betrachtet wird)

Zusammengefasst werden in dieser interessanten, retrospektiven Querschnittsbetrachtung einer vergleichsweise großen Kohorte, klinische und prognostische Implikationen von Myositis-assoziierten Antikörpern (MAA) bei Kindern und Jugendlichen beschrieben. Hier werden ähnlich wie bei Myositis-spezifischen Antikörpern (MSA) Organbeteiligungen, prognostische Implikationen und z. T. distinkte Unterschiede zu Erwachsenen deutlich.

Kritisch zu bemerken ist bei dieser Arbeit das sehr heterogene Kollektiv mit individuell unterschiedlichen Einschlusszeitpunkten und einem Beobachtungszeitraum von 33 Jahren (1989–2022). In diesem Zeitraum hat sich der Blick auf und die Beschreibung von entzündlichen Myopathien bei Kindern und Jugendlichen gewandelt. Insbesondere Entitäten wie das Anti-Synthetase-Syndrom (ASS) oder die Immun-mediierte nekrotisierende Myopathie (IMNM) sind nur unzureichend berücksichtigt. Letztlich bleibt – ähnlich wie beim Umgang mit den Myositis-spezifischen Antikörpern – unklar, ob und wenn ja wie, das Auftreten eines oder mehrerer Antikörper bei Diagnosestellung Implikationen für die Art des therapeutischen Handelns hat. Gleichzeitig leisten sie einen Beitrag zur präziseren Charakterisierung dieser in der klinischen Praxis sehr herausfordernden Entitäten und können dazu beitragen, das Screening bspw. einer interstitiellen Lungenerkrankung, früher zu initiieren.

Prasad T. Oommen, Düsseldorf



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Article published online:
05 June 2024

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