Sportphysio 2024; 12(03): 112-114
DOI: 10.1055/a-2296-2750
Research

Research

Katrin Veit

Tendinosis calcarea der Schulter

Operative vs. konservative Behandlung

Die Tendinosis calcarea, gekennzeichnet durch das Vorhandensein von Kalkablagerungen in der Rotatorenmanschette, tritt bei 8–20 % der Erwachsenen ohne Symptome auf. Bis zu 50 % der Patient*innen mit Tendinosis calcarea leiden jedoch nach ihrem Beginn unter starken Schmerzen ([ Abb. 1 ]). Während manche Forscher*innen davon ausgehen, dass sich diese Erkrankung von selbst reguliert und bei einer langfristigen Nachbeobachtung von 10 Jahren keine Rotatorenmanschettenrupturen auftreten, haben andere Forschende in großen Fallserien eine hohe Inzidenz mit einhergehender Rotatorenmanschettenruptur in der Bildgebung festgestellt. Die Behandlungsmöglichkeiten bei Tendinosis calcarea sind nach wie vor umstritten. Ein Konsens für eine operative Indikation fehlt bei dieser Erkrankung.

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Abb. 1 50 % der Patient*innen mit einer Kalkschulter leiden unter starken Schmerzen. (Quelle: © staras/stock.adobe.com. Posed by a model)

Deshalb verglich ein chinesisches Forscherteam innerhalb einer retrospektiven Kohortenstudie die nichtoperative mit der operativen Behandlung und analysierte die Faktoren, die die Prognose beeinflussen. Sie schlossen 180 Patient*innen ein.

103 Patient*innen wurden in derselben Einrichtung mindestens 3 Monate lang konservativ behandelt. Die nichtoperative Strategie bestand aus verschiedenen Maßnahmen: Alle Patient*innen erhielten NSAIDs (nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente), 54 % Physiotherapie, 26 % Akupunktur, 47 % Steroidinjektionen, 15 % extrakorporale Stoßwellentherapie und 5 % eine ultraschallgesteuerte Nadelaspiration. Allerdings wurden 77 Patient*innen dieser Gruppe nach 6 Monaten fehlgeschlagener nichtoperativer Behandlung mit einem arthroskopischen Eingriff behandelt.

Die MRT aller 180 Patient*innen zeigten bei 84 % Sehnenverkalkungen und bei 30 % Rupturen der Rotatorenmanschette (> 100 %, weil beide Veränderungen gemeinsam auftreten können. Dabei war die Supraspinatussehne (67 %) am häufigsten betroffen, gefolgt von der Infraspinatus- (43 %) und der Subskapularissehne (21 %). Es gab keinen signifikanten Unterschied in den Veränderungen des Constant-Murley-Fragebogens (der den Funktionsstatus der Schulter bewertet) und des VAS-Scores zwischen der operativen und der nichtoperativen Gruppe bei der abschließenden Nachuntersuchung (durchschnittlich nach 27 Monaten). Verglich man aber paarweise (Propensity Score Matching) Patient*innen mit einer Kalkschulter und ohne Ruptur der Rotatorenmanschette, ergab sich ein signifikanter Unterschied zugunsten der Operierten – auch wenn diese mehr Zeit für die Erholung brauchten. Die Autoren schlussfolgern, dass bei Personen mit Tendinosis calcarea ohne Rotatorenmanschettenruptur die Wirkung der operativen Behandlung besser war als die der nichtoperativen Behandlung.

FAZIT

Man sollte hier anmerken, dass es sich um eine retrospektive Studie handelt und dass eigentlich eine Art „Stepped Care“ angewandt wurde, da auch bei der nichtoperierten Gruppe mindestens eine 6-monatige konservative Behandlungszeit vorausgesetzt wurde. Die Größe der Kalziumablagerungen, Kalzifikationen der Sehne und die Beteiligung mehrerer Sehnen korrelierten nicht mit der Genesungszeit oder der Funktionswiederherstellung. Eine Rotatorenmanschettenruptur war der einzige Faktor, der die vollständige Wiederherstellung der Schulterfunktion beeinflusste. Die nichtoperative Behandlung gilt jedoch weiterhin als Option der ersten Wahl und kann bei 90 % der Tendinosis-calcarea-Fälle mit zufriedenstellenden Ergebnissen angewendet werden.

AUF EINEN BLICK

Design: Retrospektive Kohortenstudie

Teilnehmer: 180 Personen mit Tendinosis calcarea

Parameter: Vergleich konservative vs. operative Behandlung anhand des Constant-Murley-Scores und des VAS-Scores

Resultate: In dieser Studie wurde bezogen auf alle Studienteilnehmer*innen kein signifikanter Unterschied zwischen der nichtoperativen und der operativen Behandlung von Patient*innen mit Tendinosis calcarea festgestellt. Für Patient*innen ohne Rotatorenmanschettenruptur kann jedoch in Bezug auf das funktionelle Ergebnis eine operative Behandlung von Vorteil sein, aber auch eine längere Genesungszeit zur Folge haben.

Katrin Veit

Chen F, Deng Z, Liu Y et al. Arthroscopic surgery versus nonoperative treatment for calcific tendinitis of the shoulder: A retrospective cohort study. Am J Sports Med 2024; 52 (2): 461–4731


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Publication History

Article published online:
03 July 2024

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