Suchttherapie 2024; 25(04): 164-165
DOI: 10.1055/a-2305-8518
Editorial

Stigmatisierung

Gallus Bischof

Liebe Leserinnen und Leser

obwohl Abhängigkeitserkrankungen zu den verbreitetsten psychischen Störungen gehören, findet in der Öffentlichkeit und der Versorgung nach wie vor eine bemerkenswerte Ungleichbehandlung statt, die u. a. auf die Stigmatisierung dieser Erkrankungen zurückgeführt wird. Unter Stigmatisierung wird seit den 60er Jahren die Abwertung abweichender oder als abweichend wahrgenommener Verhaltensweisen verstanden, die in diskriminierender Weise gegen die Betroffenen gewendet wird und zu sozialer Exklusion führt. In vielen Lebensbereichen konnte insbesondere seit den 60er-Jahren eine Liberalisierung des gesellschaftlichen Klimas und damit ein Rückgang an stigmatisierenden Einstellungsmustern beobachtet werden. Während die gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber psychischen Erkrankungen wie z. B. Depressionen gestiegen ist, werden Abhängigkeitserkrankungen noch immer von einem hohen Anteil der Bevölkerung als „selbstverschuldet“ wahrgenommen und der Krankheitswert infrage gestellt. Entsprechende Einstellungsmuster zeigen sich auch bei Beschäftigten der Gesundheitsberufe. Betroffene wiederum können diese negativen Zuschreibungen verinnerlichen, was zu Selbstabwertung und letztlich zu einer verringerten Bereitschaft führen kann, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das vorliegende Schwerpunktheft versucht, sich dem Themenfeld Stigmatisierung bei Suchterkrankungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu nähern.



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Article published online:
18 November 2024

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