Zusammenfassung
Einleitung
1/2023 wurde das dritte Update der seit 2005 bei der AWMF (Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften) gelisteten und fortlaufend aktualisierten Leitlinie „Harninkontinenz bei geriatrischen Patienten – Diagnostik und Therapie“ durch die interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Harninkontinenz“ der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) publiziert. Aus dieser Leitlinie, die als offizielle Leitlinie DGG akkreditiert ist, stellt der vorliegende Artikel die Kapitel „Verhaltensintervention, Toilettentraining, physiotherapeutische Maßnahmen“ dar.
Methodik
In einem strukturierten Bewertungsprozess identifizierte
eine Literaturrecherche zunächst die vorhandene Literatur im Kontext des „geriatrischen
Patienten“, wie er als zumeist über 70jährig und multimorbid oder über 80jährig durch die
Fachgesellschaften definiert ist. Primäre Berücksichtigung fanden randomisierte, doppelblinde,
plazebokontrollierte Studien sowie bereits vorhandene Leitlinien zum Thema. Wo keine solchen
Untersuchungen vorlagen oder aus methodischen Gründen prinzipiell nicht durchführbar sind,
wurden auch Publikationen anderer Designs (nicht randomisierte Untersuchungen,
Fallkontrollstudien) zur Leitlinienerstellung herangezogen. Die daraus resultierenden
Leitlinienempfehlungen wurden einem strukturierten Abstimmungsprozess unterzogen und
abschließend Deligierten relevanter Fachgesellschaften vorgelegt.
Ergebnisse
Vor dem Hintergrund der Polypharmazie mit ihren
Medikamenteninteraktionen und der besonderen Vulnerabilität des hochbetagten, geriatrischen
Patienten sind nicht-pharmakologische und nicht-operative Interventionen besonders wichtig.
Diese bedürfen jedoch ein Mindestmaß an Compliance, kognitiven Ressourcen und Restmobilität.
Deswegen wurden Verhaltensinterventionen wie Gewichtsabnahme, Flüssigkeitsmanagement,
Diuretikaeinsatz, Stuhlregulierung und Toilettentraining sowie aktive und passive
physiotherapeutische Maßnahmen im Hinblick auf ihre Wirkung und Anwendbarkeit bei
geriatrischen Patienten überprüft und bewertet.
Schlussfolgerungen
Verhaltensinterventionen, Toilettentraining und physiotherapeutische Maßnahmen sind besonders vor dem Hintergrund der mit spezifischen Risiken behafteten medikamentösen oder operativen Therapiealternativen wertvolle Bausteine der geriatrischen Inkontinenzbehandlung und sollten in angepasster Form flankierend oder alleinig bei der Therapie geriatrischer Patienten Anwendung finden. Es gilt, die personelle Ausstattung einer Einrichtung mit der Anzahl der derart behandelten geriatrischen Patienten in ein realistisches, zielführendes Verhältnis zu bringen.