Krankenhaushygiene up2date 2024; 19(04): 291-292
DOI: 10.1055/a-2324-9729
Studienreferate

Kommentar zu „Desinfektion der behandschuhten Hände – von der Ausnahme zur Regel bei der Versorgung komplexer Patienten“

Contributor(s):
Sebastian Schulz-Stübner
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Die Studie zeigt, dass der Goldstandard beim Umgang mit Handschuhen (nämlich das Ausziehen, Durchführung einer Händedesinfektion und Anziehen neuer Handschuhe) bei Auftreten eines WHO-Moments zur Händedesinfektion im Rahmen der Patientenversorgung zwar optimal wäre, aber praktisch nicht durchführbar ist, wie schon in anderen Arbeiten vor allem aus der Arbeitsgruppe um Chang et al. beschrieben [1] [2] [3] [4] [5].

Die Desinfektion der behandschuhten Hände erwies sich als zeitsparende (gegenüber dem Goldstandard) und mikrobiologisch wirksame Alternative zum „Nichtstun“ wie es in der Gruppe mit üblicher Versorgung zu beobachten war und auch im deutschen Versorgungsalltag zu erwarten ist. In der Gruppe der üblichen Pflege wurde nämlich nur in 2% der indizierten Momente eine adäquate Händehygiene durchgeführt bzw. in 2,8% ein Handschuhwechsel.

Zu den Stärken der Studie gehören die Randomisierung, das multizentrische Design, das Studiendesign mit gemischten Methoden und die Verwendung etablierter Beobachtungsinstrumente zur Händehygiene.

Einschränkend muss erwähnt werden, dass die mikrobiologische Testung nur am Ende der Pflegeepisode (übliche Pflege) oder nach Erreichen von 7 Händehygienemomenten in der Interventionsgruppe mittels Abklatschprobe durchgeführt wurde und eine mögliche Beeinflussung der Teilnehmen durch die Anwesenheit der Beobachter, insbesondere während der üblichen Pflege nicht ausgeschlossen werden kann.

Die Indikation für den Handschuhgebrauch, nämlich die mandatorischen Kontaktschutzmaßnahmen bei Patienten mit besonderen Erregern, kann man sicher kritisch hinterfragen, ermöglichte aber ein einheitliches Studiendesign.

Die Anzahl von Mikroperforationen der Handschuhe, über deren Art und Qualität keine detaillierten Angaben gemacht werden, war in der Interventionsgruppe höher als in der Gruppe mit der üblichen Behandlung. Diese Ergebnisse sollten dazu führen, dass bei der praktischen Umsetzung des Konzepts der Desinfektion der behandschuhten Hände in Deutschland, wie von der KRINKO beschrieben [6], auf den Einsatz von Handschuhen nach EN 374 geachtet wird und idealerweise die Hersteller von Handschuhen und Händedesinfektionsmittel geeignete Kombinationen austesten und Daten zur tolerablen Frequenz der Desinfektion generieren, ähnlich wie von Scheithauer et al. beschrieben [7].

Die in der Fokusgruppenbefragung genannten Vor- und Nachteile der Desinfektion der behandschuhten Hände decken sich mit den Ergebnissen von Umfragen unter Hygienefachpersonal zum Thema, wobei nach der Pandemie eine deutlich gestiegene Akzeptanz der Desinfektion der behandschuhten Hände zu verzeichnen war [8] [9].

Insgesamt ist den Autoren zuzustimmen, dass die Desinfektion der behandschuhten Hände eine sinnvolle Ergänzung des Instrumentariums der Händehygiene zum Patientenschutz darstellt und in allen Situationen angewandt werden sollte, bei denen eine Indikation zum Handschuhgebrauch für das Personal aus Arbeitsschutzgründen besteht [10], aber der Arbeitsfluss am Patienten nicht für die Durchführung des Goldstandards (Ausziehen, Händedesinfektion, neue Handschuhe) unterbrochen werden kann.



Publication History

Article published online:
03 December 2024

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