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DOI: 10.1055/a-2328-5953
Interprofessionelle Handlungsfelder der Pflegefachpersonen in der Klinischen Akut- und Notfallmedizin
Empfehlungen der DIVI und der DGFEinführung in die Thematik
Die aktuellen Entwicklungen, insbesondere auch im Krankenhaussektor, reflektieren einen ausgeprägten Mangel an Pflegefachpersonen sowie zunehmend auch an ärztlichem Personal. In diesem Umfeld ist die Diskussion über eine Ausweitung von Kompetenzen der Pflegefachberufe sowie die Schaffung neuer, auch akademischer Qualifizierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise der Advanced Practice Nurse (APN) hochaktuell. Im Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz – PflBG) von 2017, mit letzter Aktualisierung 2021, sind Modellvorhaben zum Erwerb erweiterter Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten vorgesehen. Diese sind momentan laut Regelung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf bestimmte Tätigkeiten bei den Diagnosen Diabetes Typ I und II, chronische Wunden, Demenz und Verdacht auf Hypertonus (außer Schwangerschaft) begrenzt. Die Ausweitung auf die weiteren Modelle steht noch aus.
Aktuell ist im Bundesministerium für Gesundheit ein Pflegekompetenzgesetz geplant, das entsprechende Reformen vorsieht. In Bezug auf die Versorgung im Krankenhaus wird darin unter dem Eckpunkt 9 konstatiert: „Im Krankenhausbereich sind erweiterte Rollen für Pflegefachpersonen international verbreitet. Damit diese auch in Deutschland umgesetzt werden können, ist auch hier ein eigener pflegerischer Handlungsrahmen, bis hin zur eigenständigen klinischen Entscheidung von Interventionen erforderlich. Wir gehen daher insbesondere auf die DKG und die Krankenhäuser zu, um zu klären, wie wir die Krankenhäuser in diesem Prozess weiter unterstützen können“ [1].
In Ergänzung zur Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und zu anderen Interessenvertretungen verfügen Fachgesellschaften der Fachpflege und der Ärzteschaft über medizinische, organisatorische und praxisbasierte Kompetenz. So wurde bereits vor fast einer Dekade die Notwendigkeit der Synchronisation der Interessen zur Stärkung der Notfallpflege erkannt, das Aktionsbündnis „Notfallpflege“ gegründet und ein entsprechendes Positionspapier veröffentlicht [2]. Im internationalen Kontext zeigte sich, das eine spezialisierte Pflege zu Ergebnisverbesserungen führen kann [3]. Im vorliegenden Schriftstück haben 2 große Fachgesellschaften, die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI) und die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e. V. (DGF), einen Konsens zu den interprofessionellen Handlungskompetenzen in der klinischen Akut- und Notfallmedizin erarbeitet.
Die DIVI vertritt in ihrer Rolle als wissenschaftliche, interdisziplinäre und interprofessionelle Dachgesellschaft sowohl die Fachpflege als auch die Ärzteschaft in den Bereichen der Intensiv- und Notfallmedizin – mit dem Ziel einer teambasierten Optimierung der Versorgung von schwer akut erkrankten Patienten.
Die DGF ist als Fachgesellschaft die Interessenvertretung der Fachkrankenpflege und Funktionsdienste: mit den Schwerpunkten Pflege auf Intensivstationen, in der Anästhesie, im OP und in der Notaufnahme. Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung eigenständiger pflegerischer Kompetenzen im Rahmen integrativer interdisziplinärer Versorgungskonzepte der ambulanten und stationären Therapie und Pflege. Auf nationaler Ebene ist die DGF im Deutschen Pflegerat e. V. (DPR) organisiert. International ist die DGF Mitglied in der International Federation of Nurse Anesthetists (IFNA) und der European Federation of Critical Care Nursing Associations (EfCCNa).
Die politische Diskussion zur Aktualisierung des Pflegeberufegesetzes fokussiert auf die Berufsgruppe der 2-jährigen Fachkrankenpflege. Diesem Schwerpunkt folgen auch die im Weiteren dargestellten Empfehlungen, da die Berufsgruppe der Pflegefachpersonen, zusammen mit der Ärzteschaft, den personellen Kern der klinischen Akut- und Notfallmedizin bilden. Darüber hinaus haben jedoch eine Vielzahl weiterer Berufsgruppen, wie Medizinische Fachangestellte, Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen, anästhesietechnische Assistenten und Assistentinnen oder Physician Assistants einen ganz wesentlichen Anteil am Funktionieren der medizinischen Versorgung in der Notaufnahme. Eine Berücksichtigung des erweiterten Kreises von Berufsgruppen erhöht in der Abstimmung der Handlungskompetenzen die Komplexität erheblich. Daher ist es in den nächsten Schritten erforderlich und vorgesehen, die vorliegenden Empfehlungen – in Analogie – auf die anderen Berufe und Berufsgruppen zu übertragen und in einer weiteren Publikation zur Diskussion zu stellen.
Für die Intensivmedizin hat die DIVI kürzlich in paritätischer, interprofessioneller und multidisziplinärer Zusammenarbeit eine Empfehlung zu den „Interprofessionellen Handlungsfeldern in der Intensivmedizin“ erarbeitet und publiziert [4]. In dieser werden in 8 Kernaussagen und einer Matrix qualifikationsadaptiert Kompetenzen der Fachpflege vorgeschlagen.
Auf diesen Empfehlungen basierend wurde von einer erweiterten, paritätisch zusammengesetzten Arbeitsgruppe (siehe Autoren) ein ähnlicher Vorschlag für den Bereich der klinischen Akut- und Notfallmedizin entwickelt, der die Spezifika dieses Arbeitsbereiches abbildet. Die Grundlagen waren, neben der Expertise der beteiligten Personen, zentrale Publikationen aus dem deutschsprachigen und europäischen Raum sowie das Pflegeberufegesetz [5]. Nachdem der Entwurf im Vorfeld jeweils bereits kommentiert und modifiziert werden konnte, wurde das Manuskript in 4 Videokonferenzen innerhalb der Arbeitsgruppe diskutiert, weiterentwickelt und konsentiert. Die Empfehlungen wurden vom Präsidium der DIVI (am 7. Mai 2024) und dem Vorstand der DGF (am 28. April 2024) einstimmig beschlossen.
Publication History
Article published online:
07 June 2024
© 2024. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/)
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Bundesministerium für Gesundheit. Kurzpapier – Vorläufige Eckpunkte Pflegekompetenzgesetz, 2023 [zuletzt zitiert 1.3.2024]. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/P/Pflegekompetenzreform/Kurzpapier_Vorlaeufige_Eckpunkte_PflegekompetenzG.pdf
- 2 Wedler K, Mersmann J, Schuster S. et al. Positionspapier zur Stärkung und Weiterentwicklung der Notfallpflege in deutschen Notaufnahmen. Notfall + Rettungsmedizin 2017; 21: 308-313
- 3 Wylie K, Crilly J, Toloo GS. et al. Review article: Emergency department models of care in the context of care quality and cost: a systematic review. Emerg Med Australas 2015; 27: 95-101
- 4 Waydhas C, Deininger M, Dubb R. et al. Interprofessionelle Handlungsfelder in der Intensivmedizin – Empfehlungen der DIVI. Dtsch Med Wochenschr 2024; 149: 400-406
- 5 Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz − PflBG), 2021 [zuletzt zitiert 19.6.2023]. https://www.gesetze-im-internet.de/pflbg/BJNR258110017.html
- 6 Kulla M. et al. Bewertung von Qualitätsindikatoren für die Notaufnahme. Notfall + Rettungsmedizin 2016; 19: 646-656
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- 9 Mostafa R, El-Atawi K. Strategies to Measure and Improve Emergency Department Performance: A Review. Cureus 2024; 16: e52879
- 10 Otto R, Blaschke S, Schirrmeister W. et al. Length of stay as quality indicator in emergency departments: analysis of determinants in the German Emergency Department Data Registry (AKTIN registry). Intern Emerg Med 2022; 17: 1199-1209
- 11 Sørup C, Jacobsen P, Forberg J. Evaluation of emergency department performance – a systematic review on recommended performance and quality-in-care measures. Scand J Trauma Resusc Emerg Med 2013; 21: 62-76
- 12 Patterson P, Pfeiffer AJ, Weaver MD. et al. Network analysis of team communication in a busy emergency department. BMC Health Serv Res 2013; 13: 109-121
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- 14 Kumpf O, Assenheimer M, Bloos F. et al. Quality indicators in intensive care medicine for Germany − fourth edition 2022. Ger Med Sci 2023; 21: Doc10
- 15 Deutsche Krankenhausgesellschaft. Notfallpflege, 2023 [zuletzt zitiert 9.1.2024]. https://www.dkgev.de/themen/personal-weiterbildung/aus-und-weiterbildung-von-pflegeberufen/notfallpflege/
- 16 Deutsche Krankenhausgesellschaft. Anlage III − Weiterbildung Notfallpflege, 2019 [zuletzt zitiert 9.1.2024]. https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.5._Personal_und_Weiterbildung/2.5.11._Aus-_und_Weiterbildung_von_Pflegeberufen/Notfallpflege/Anlage_III_Moduluebersicht_Fachmodule.pdf
- 17 Deutsche Krankenhausgesellschaft. DKG-Empfehlung für die Weiterbildung Notfallpflege. 2019
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- 19 OdASanté-Nationale Dach-Organisation der Arbeitswelt Gesundheit and BGS-Verband Bildungszentren Gesundheit Schweiz. Rahmenlehrplan für Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen Anästhesiepflege, Intensivpflege, Notfallpflege, 2019 [zuletzt zitiert 1.3.2024]. https://www.notfallpflege.ch/files/_Demo/Dokumente/Rahmenlehrplan/Rahmenlehrplan_NDS_HF_AIN.pdf