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DOI: 10.1055/a-2343-6380
Kommentar zu: Operative Therapie der Stressinkontinenz des Mannes: Daten des SATURN-Registers
Itʼs the reality, so reagierten Mitglieder und Autoren der DOMINO-Gruppe (Debates On Male INcOntinence) meist auf die Kritik an Ihren Ergebnissen, die erstaunlich niedrige Kontinenzraten und relevant hohe Revisionsraten nach kontinenzchirurgischen Eingriffen bei Männern offenbarten. 8 Jahre nach der ersten DOMINO-Publikation mit Einschluss von >1000 Männern [1] schickt sich ein ähnlich zusammengesetztes, nun aber prospektiv ausgerichtetes, 1000 Pat. umfassendes, Register der EAU Research Foundation an, Ergebnisse aus der Wirklichkeit der operativen Kontinenzt-Therapie bei Männern zu präsentieren. In der nun erschienenen Auswertung des 1. Jahres Follow-Up wird Bekanntes bestätig (der artifizielle Sphinkter AMS 800 ist weiter Goldstandard, weist aber eine beachtliche Revisionsrate (14% nach 1 Jahr) auf, die fixe Schlinge Advance XP führt relativ häufig zu einer relevanten Harnretention (13%) und bspw. ATOMS-Patienten sind mit einer höheren, zumindest früh postoperativen Schmerzhaftigkeit (△25–30 von 100 VAS) konfrontiert). Andere Ergebnisse erscheinen dagegen überraschend. So ist eine höhere AMS 800- Revisionsrate in High-Volume-Zentren (Cut off hier <10 Low- bzw. >25 High-Volume) schwierig zu erklären und konterkariert vorherige Erkenntnisse, bei denen das Outcome in Zentren mit >10 Eingriffen/Jahr gegenüber denen mit <10 Eingriffen klar überlegen war [2]. Denkbar wäre ein Selektions-Bias, sodass bspw. ein höherer Anteil einschlägig erkrankter oder voroperierter Patienten in High-Volume Zentren für die ungleiche Verteilung der Revisionen verantwortlich sein könnte. Leider fehlt es hier an detaillierteren Angaben, sodass es bei Vermutungen bleiben muss. Auch in anderen Details werden Ergebnisse nur knapp präsentiert und lassen so viele Fragen offen. Dass nur in 0.5% der Post-Prostatektomie-Patienten mit Belastungsinkontinenz ein hypokontraktiler Detrusor vorliegen soll, kann der erfahrene Untersucher kaum glauben, führt doch der massiv reduzierte Auslasswiederstand zu einer Unterforderung/Detonisierung des Detrusors. Auch dass nur 79.8% der Patienten in der OP-Vorbereitung eine Urethro(-zysto)skopie erhalten und nur 68.5% eine präoperative Urinanalyse zum Infektausschluss erhalten haben sollen, ist kaum zu glauben und sollte hierzulande bitte keine Nachahmer finden. Schade ist, dass die Chance nicht genutzt wurde und bspw. durch einheitliche Einschlusskriterien (24h Vorlagenwiegetest, identische Fragebogen/Untersuchungen) und Tools zur Messung des Outcomes eine Vergleichbarkeit der Implantate untereinander ermöglicht worden wäre. Ein wirklich hervorragendes Beispiel und lesenswert ist die Publikation zum Master-Trial aus England, einer prospektiven, randomisierten Studie zum Vergleich des AMS 800 und der Advance XP-Schlinge, an der sich zukünftige Publikationen messen müssen [3]. So bleibt es bei einem nun paneuropäischen, prospektiv ausgerichteten neuen „DOMINO“-Projekt, das vor allem von der Power lebt, dessen Wert sich aber erst bei den sicherlich folgenden detaillierteren Nachbetrachtungen und späteren Auswertungen bei einem geplanten Langzeit-Follow Up von 10 Jahren zeigen wird.
Publication History
Article published online:
29 August 2024
© 2024. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Kretschmer A, Husch T, Thomsen F. et al. Complications and Short-Term Explantation Rate Following Artificial Urinary Sphincter Implantation: Results from a Large Middle European Multi-Institutional Case Series. Urol Int 2016; 97: 205-211
- 2 Queissert F, Husch T, Kretschmer A. et al. High/low-volume center experience predicts outcome of AMS 800 in male stress incontinence: Results of a large middle European multicenter case series. Neurourol Urodyn 2020; 39: 1856-1861
- 3 Abrams P, Constable LD, Cooper D. et al. Outcomes of a Noninferiority Randomised Controlled Trial of Surgery for Men with Urodynamic Stress Incontinence After Prostate Surgery (MASTER). Eur Urol 2021; 79: 812-823