Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2024; 59(11/12): 630-648
DOI: 10.1055/a-2412-3200
Fortbildung
Topthema

Überblick über präklinische Versorgung von Schuss- und Explosionsverletzungen in Deutschland

Preclinical Treatment of Gunshot and Blast Injuries in Germany
Jan-Henrik Rathjen
,
Martin Kulla
,
Axel Franke
,
Erwin Kollig
,
Dan Bieler

Schuss- und Explosionsverletzungen sind äußerst selten im Rettungsdienst. Im Rahmen der zunehmenden Bedrohung durch terroristische Anschläge und Krieg auf dem europäischen Kontinent rückt jedoch auch die Möglichkeit dieser Traumata in den Fokus. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die verschiedenen Entitäten und die entsprechenden Behandlungsprinzipien von penetrierenden Verletzungen.

Abstract

Gunshot and blast injuries are extremely rare in the emergency services. However, in the context of the increasing threat of terrorist attacks, the possibility of these traumas is also coming into focus. This article provides an overview of the various entities and the corresponding treatment principles for penetrating injuries.

Kernaussagen
  • Vor dem Hintergrund terroristischer Anschläge gegen die Zivilbevölkerung und Krieg auf dem europäischen Kontinent ist die Therapie von Schuss- und Explosionsverletzungen nicht mehr ausschließlich die Domäne von Militärchirurgen.

  • Bei Szenarien mit penetrierenden Verletzungen darf niemals die vorherrschende Lage außer Acht gelassen werden. Die Eigensicherung ist stets zu beachten.

  • Präklinisch kommt zur Therapie der Blutung neben dem Druckverband, der Tamponade bzw. dem Packing sowie dem Tourniquet an den Extremitäten auch der Einsatz von Hämostyptika in Betracht.

  • Bei Schuss- und Explosionsverletzungen sind hämodynamisch relevante Blutungen die führende Todesursache.

  • Im Rahmen der primären Therapie sollte das Konzept der permissiven Hypotonie angewendet werden, ausgenommen bei einer Kopfschussverletzung.

  • Die präklinische Versorgung erfolgt nach dem prioritätenorientierten, symptombasierten <X>ABCDE-Schema.

  • Um die Letalität zu reduzieren, sind die unmittelbare notfallmedizinische Therapie der vermeidbaren Todesursachen (Spannungspneumothorax, Atemwegsverlegung, Blutung an Extremitäten) und die zeitnahe chirurgische Blutstillung von hämodynamisch relevanten stammnahen oder Körperhöhlenblutungen erforderlich.

  • In vielen Fällen können penetrierende Verletzungen erst innerklinisch durch eine chirurgische Operation lebensrettend behandelt werden. Der Ansatz „Scoop and Run“ sollte bevorzugt werden.



Publication History

Article published online:
21 November 2024

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