Zentralbl Chir 2024; 149(06): 487-490
DOI: 10.1055/a-2421-1192
Aktuelle Chirurgie

Ambulantisierung: Sicht der GKV

Hanna Tillmanns
1   GKV-Spitzenverband, Berlin
,
Torsten Fürstenberg
1   GKV-Spitzenverband, Berlin
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Ambulante Operationen durch Vertragsärzte und Krankenhäuser

Ambulante Operationen gehören seit jeher zum Tätigkeitsspektrum niedergelassener Ärzte, für Krankenhäuser wurde hierfür die gesetzliche Grundlage im Jahr 1992 durch das Gesundheits-Strukturgesetz gelegt. Dieses sah die erstmalige Vereinbarung eines Vertrages über ambulantes Operieren, sonstige stationsersetzende Eingriffe und stationsersetzende Behandlungen im Krankenhaus (AOP-Vertrag) zwischen den gesetzlichen Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im Jahr 1993 vor [1]. Das wichtigste Argument für eine Ambulantisierung von stationär erbrachten Leistungen hat sich seitdem nicht geändert. Stationäre Versorgung bindet in erheblichem Maß sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen; durch das ambulante Operieren kommt es zu einer deutlichen Entlastung des Personalbedarfs im Krankenhaus.

Während die DRG-Einführung zu einer deutlichen Verringerung der stationären Verweildauer geführt hat, gab es sowohl bei den ambulanten Operationen durch Vertragsärzte als auch durch Krankenhäuser im letzten Jahrzehnt wenig Dynamik [2]. Der Gesetzgeber versuchte daher in den letzten Jahren verstärkt, Ambulantisierung durch unterschiedliche Maßnahmen anzustoßen.

Mit dem MDK-Reformgesetz wurde die Selbstverwaltung beauftragt, den Katalog der ambulant erbringbarer Leistungen gemäß § 115b SGB V („AOP-Katalog“) substanziell zum 31. Dezember 2022 zu erweitern. Es sollten Tatbestände festgelegt werden, bei deren Vorliegen eine stationäre Durchführung erforderlich sein kann (sog. Kontextfaktoren) und deren Vergütung nach dem Schweregrad der Leistungen differenziert werden kann. Zum 1. Januar 2023 erfolgte eine erste Erweiterung des AOP-Kataloges sowie die Einführung der Kontextfaktoren, für das Jahr 2024 wurde eine Differenzierung der Vergütung aufgrund von Schweregraden umgesetzt und zudem der AOP-Katalog erneut erweitert.

Daneben führte der Gesetzgeber zum 1. Januar 2023 eine neue Vergütungssystematik für ambulante Operationen ein („Hybrid-DRG“). Der § 115f SGB V sieht vor, dass der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft gemeinsam einen Katalog an Leistungen und deren sektorengleiche pauschale Vergütung beschließen. Aufgrund der nicht vorhandenen Schiedsamtslösung konnte die Selbstverwaltung bei dem erstmaligen Versuch, einen Katalog sowie dessen Preise zu vereinbaren jedoch keine Einigung erreichen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erließ daraufhin zum 1. Januar 2024 eine Rechtsverordnung, die einen ersten Katalog an Hybrid-DRG sowie deren Vergütung regelt. Eine Erweiterung des Kataloges sowie die Aktualisierung der Preise beschlossen die Selbstverwaltungspartner zum 31. März 2024 gemeinsam. In den Leistungsbereichen, die die Hybrid-DRG umfassen, werden in den Katalogen für die Jahre 2024 und 2025 alle Fälle mit einer Verweildauer von maximal 1 Tag betrachtet. Die pauschalierte Vergütung umfasst dabei alle Leistungen und Sachkosten im Zusammenhang mit der Erbringung der Hybrid-DRG und unterscheidet sich nicht zwischen den Sektoren.

Ein weiteres Element zur Verringerung von vollstationären Krankenhausfällen, war die Einführung der „Tagesstationären Behandlung im Krankenhaus“ zum 1. Januar 2023. Krankenhäuser können nun anstelle einer vollstationären Behandlung an mehreren Tagen hintereinander eine tagesstationäre Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus durchführen. Im Jahr 2023 gab es bundesweit weniger als 1000 Fälle, sodass eine Versorgungsrelevanz nicht erkennbar ist.

Neben der Umsetzung der gesetzgeberischen Vorgaben (siehe [Abb. 1]) haben die Selbstverwaltungspartner in den letzten Jahren vermehrt eigene Konzepte umgesetzt, um strukturelle Veränderungen anzustoßen und etwaige Hemmnisse in der Abrechnung abzubauen. Zum 1. Januar 2023 wurde in der ambulanten Vergütung (EBM) die Möglichkeiten, Patienten nach einer erfolgten Operation (nach-)zu beobachten, ausgeweitet. Ab einem bestimmten Schweregrad der Operation kann nach der eigentlichen postoperativen Überwachung nun noch die Nachbeobachtung gesondert abgerechnet werden. Die Beobachtungszeit nach einer Operation kann so gegenüber der vorher schon bestehenden Überwachung verlängert werden. Darüber hinaus wurden ab dem Jahr 2023 Zuschläge zwischen 27 und 230 € auf 1050 ausgewählte, bislang unzureichend ambulantisierte Leistungen eingeführt. Insgesamt umfassen die Förderzuschläge ein Volumen von ca. 60 Mio. € p.a. Weitere ca. 60 Mio. € p.a. werden seit dem Jahr 2024 für die Vergütung von Entwicklungen im Bereich der Hygiene durch die Krankenassen bereitgestellt.

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Abb. 1 Meilensteine der Ambulantisierung von stationären Leistungen.


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Article published online:
25 November 2024

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