Krankenhaushygiene up2date 2024; 19(04): 337-360
DOI: 10.1055/a-2435-9320
Infektiologie

Infektionen in der Schwangerschaft

Virale Infektionen
Ingolf Juhasz-Böss
,
Mirjam Kunze
,
Filiz Markfeld-Erol
,
Elke Bäz
,
Franziska Müller
,
Tanja Rottmar

Infektionen in der Schwangerschaft können ein Risikofaktor für Mutter und Kind sein. In der Schwangerschaft oder während der Geburt kann eine Mutter-Kind-Übertragung (Transmission) mancher Krankheitserreger erfolgen, daher sollten Schwangere Infektionskrankheiten möglichst vermeiden. Im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge wird auf einige Infektionen getestet. Im Beitrag werden häufige virale Infektionserkrankungen, die in der Schwangerschaft relevant sein können, erläutert.

Kernaussagen
  • Impfpräventable Infektionen (Hepatitis B, Masern, Röteln, Windpocken, Influenza) unterliegen der Meldepflicht.

  • Prinzipiell sind Impfungen in der Schwangerschaft möglich; Lebendimpfstoffe sind jedoch kontraindiziert.

  • Zytomegalievirus (CMV):

    • Die CMV-Infektion ist die häufigste intrauterine Infektion.

    • Mit zunehmendem Schwangerschaftsalter steigt das plazentare Transmissionsrisiko.

    • Etwa 15% der infizierten Neugeborenen zeigen sensorineurale, visuelle, kognitive oder motorische Störungen mit einer großen Variation im Schweregrad.

  • Parvovirus B19 (Ringelröteln/Erythema infectiosum):

    • Bei maternal nachgewiesener Parvovirus-B19-Infektion sind sonografische fetale Verlaufskontrollen zum Anämieausschluss über 10–12 Wochen post infectionem indiziert. Bei Anhalt für eine schwere fetale Anämie ist eine Nabelschnurpunktion in Transfusionsbereitschaft durchzuführen.

    • Eine medikamentöse Therapieoption besteht nicht.

  • Herpes-simplex-Virus (HSV):

    • Eine Herpesinfektion in der Schwangerschaft ist vor allem für das Kind gefährlich, aber auch peripartale Infektionen sind u. U. mit schweren Beeinträchtigungen vergesellschaftet.

    • Ziel ist es, eine HSV-Infektion des Kindes zu verhindern.

    • Bei genitalen Läsionen oder Erstinfektion nach der 34. Schwangerschaftswoche wird eine Entbindung per Kaiserschnitt empfohlen.

  • Varicella-zoster-Virus (VZV):

    • Das Varicella-zoster-Virus ist der Auslöser der Windpocken (Primärinfektion) und der Gürtelrose (Reaktivierung).

    • Nicht immune Frauen mit Kinderwunsch sollen sich vor der Schwangerschaft impfen lassen.

  • Humanes Immundefizienzvirus (HIV):

    • Durch die antiretrovirale Therapie kann die Mutter-Kind-Transmission auf < 1% reduziert werden.

    • Allen Schwangeren soll ein HIV-Antikörper-Suchtest empfohlen werden.

    • Grundsätzlich kann die Geburt vaginal erfolgen.

  • Masernvirus:

    • Masern sind eine hochansteckende Infektionskrankheit mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen.

    • Ungeschützte Schwangere sollten unbedingt den Kontakt zu Maserninfizierten meiden, das unmittelbare Umfeld der Schwangeren sollte im Sinne der Herdenimmunität geimpft werden.

    • Nach Kontakt mit Masern sollte nach der Entbindung die Mutter geimpft werden und der Säugling Immunglobulin erhalten.

  • Röteln:

    • Bei bestehendem Impfschutz der Mutter ist von einem ausreichenden Schutz für den Fetus auszugehen.

    • Eine spezifische Therapie der Rötelnerkrankung in der Schwangerschaft gibt es nicht.

    • Je nach Schwangerschaftswoche bestehen unterschiedliche Risiken einer fetalen Infektion; vor der 12. SSW sollte eine Schwangerschaftsbeendigung aufgrund des hohen Risikos schwerer fetaler Fehlbildungen erwogen werden.

  • Hepatitis A, B, C, D, E:

    • Generell besteht keine Indikation zur elektiven Sectio caesarea.

    • Während Schwangere mit Hepatitis A, B, C, D prinzipiell zum Stillen ermutigt werden sollen, ist die Studienlage bei HEV inkongruent, und Stillen sollte bei Hepatitis B erst nach erfolgter Aktiv-/Passiv-Impfung des Neugeborenen empfohlen werden.

    • Chronische HBV-Infektionen und hohe Viruslast in der Schwangerschaft gelten als Indikation zur antiviralen Therapie. Eine antivirale Therapie bei HCV-Infektion ist in der Schwangerschaft kontraindiziert.

  • Influenzavirus:

    • In der Schwangerschaft besteht aufgrund verschiedener physiologischer und immunologischer Veränderungen ein erhöhtes Risiko für influenzabedingte Komplikationen.

    • Für Schwangere wird die saisonale Influenzaimpfung mit einem quadrivalenten Impfstoff empfohlen.

  • Zika-Virus:

    • Bei Infektion im frühen Stadium der Schwangerschaft besteht ein Risiko für Mikrozephalie von 47%.

    • Das Zika-Virus kann die Plazentaschranke überwinden.

    • Es gibt aktuell weder eine Therapie noch einen Impfstoff; die Prävention erstreckt sich auf die Expositionsprophylaxe.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. Dezember 2024

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