CC BY-NC-ND 4.0 · Z Orthop Unfall
DOI: 10.1055/a-2437-0981
Übersicht

Degenerative Schultererkrankungen und Schulterverletzungen: Epidemiologie, ICD10-Codierverhalten und Versorgungsrealität – Datenanalyse von 4,9 Mio. Versicherten der AOK Baden-Württemberg

Article in several languages: deutsch | English
Jasmin Azarderakhsh
1   Unternehmensbereich Steuerung, Finanzen & Analytik, AOK Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland
,
Sebastian Siebenlist
2   Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
,
Olaf Schneider
1   Unternehmensbereich Steuerung, Finanzen & Analytik, AOK Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland
,
Frauke Beck
1   Unternehmensbereich Steuerung, Finanzen & Analytik, AOK Baden-Württemberg, Stuttgart, Deutschland
,
Johannes Flechtenmacher
3   Vorstand, Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (BVOU), Berlin, Deutschland
4   Orthopädische Gemeinschaftspraxis, Ortho-Zentrum, Karlsruhe, Deutschland
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Zusammenfassung

Trotz steigender Erkrankungszahlen in den letzten Jahren liegen bisher keine Daten zum Krankheits- und Versorgungsgeschehen für degenerative Schultererkrankungen und Schulterverletzungen sowie zum ICD10-Codierverhalten der versorgenden Ärztinnen und Ärzte vor. Die vorliegende Arbeit stellt erstmals eine deskriptive, auf Abrechnungsdaten aus dem Jahr 2022 basierende Auswertung von codierten Schultererkrankungen von 4,9 Mio. Versicherten einer gesetzlichen Krankenversicherung in Baden-Württemberg vor. In der Untersuchung wird unterschieden zwischen unfallbedingten Verletzungen an der Schulter und Krankheiten, hervorgerufen durch degenerative Veränderungen des Schulterapparats. Bei der ICD10-Codierung wird zwischen der Angabe spezifischer (Verwendung von Schlüsselnummern der zugrunde liegenden Erkrankung), und unspezifischer Codes, die lediglich das Symptom verschlüsseln, differenziert. Laut Abrechnungsdaten waren Frauen etwas häufiger von Schultererkrankungen betroffen als Männer (7,3% vs. 6,9%), wobei Frauen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung im Mittel deutlich älter waren. Bei Frakturen lag der Geschlechterunterschied durchschnittlich bei 20 Jahren. Die Auswertung zum Codierverhalten machte deutlich, dass Hausärztinnen und Hausärzte im Vergleich zu anderen Facharztgruppen häufiger unspezifische Schultererkrankungen wie Gelenkschmerz oder Impingement-Syndrom codierten. Die Analyse der Leistungsinanspruchnahme zeigte, dass nur ein Drittel der evaluierten Patientinnen und Patienten eine Bildgebung und nur 40% eine Verordnung für Physiotherapie aufgrund einer Schulterdiagnose erhielten. Die Untersuchung der Komorbiditäten ergab, dass Patientinnen und Patienten mit degenerativen Schultererkrankungen häufiger von stoffwechselbedingten Krankheiten und Hypertonie betroffen waren als solche ohne Schultererkrankungen. Diese Ergebnisse zur Häufigkeit codierter Schultererkrankungen in den verschiedenen Gesundheitssektoren zeigt die Relevanz in der Bundesrepublik Deutschland für Männer und Frauen gleichermaßen. Zusammenfassend lassen die Auswertungen – trotz methodischer Einschränkungen – vermuten, dass bei der Diagnosestellung und der Verordnung von therapeutischen Maßnahmen Potenzial für eine spezifischere Codierung gegeben sein könnte. Das präzisere Wissen um die tatsächliche Ursache der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen kann einerseits für den Behandler hilfreich sein, um spezifische Diagnostik- und Therapiemaßnahmen einzuleiten und andererseits einen u. U. erhöhten Versorgungsbedarf innerhalb des Gesundheitssystems in der Bundesrepublik Deutschland zu identifizieren.



Publication History

Received: 24 June 2024

Accepted after revision: 06 October 2024

Article published online:
09 December 2024

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