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DOI: 10.1055/a-2449-1489
Resilienz – Zwischen Coach und Couch

Henrik Walter. Resilienz – Zwischen Coach und Couch. Wie wir heute noch psychisch gesund bleiben können und warum Ratgeber bisher enttäuscht haben. Hilden: Becker Joest Volk Verlag, 2024; 325 Seiten, Taschenbuch, 28,00 Euro; ISBN 9783954533190
Resilienz, ursprünglich ein Fachbegriff, ist heute ein fester Bestandteil des allgemeinen Sprachgebrauchs über psychische Gesundheit. Wie häufig, wenn ein Fachbegriff breit genutzt wird, verliert er an Schärfe. In seinem Buch „Resilienz – Zwischen Coach und Couch“ begegnet Prof. Dr. Dr. Henrik Walter diesem Problem mit einer kritischen Analyse des Konzepts der Resilienz, gepaart mit wegweisenden Vorschlägen zur Erneuerung des Verständnisses. Als erfahrener Psychiater und Wissenschaftler geht er dabei weit über die Grenzen traditioneller Ratgeberliteratur hinaus und gewährt fundierte Einblicke in das Thema psychische Gesundheit.
Unter Bezugnahme auf die Positive Psychologie plädiert er dafür, Resilienz nicht als eine Art intrinsische und generelle Eigenschaft einer Psyche zu begreifen, sondern als eine sich im Rahmen unserer Lebensgestaltung entfaltende Fähigkeit, die es kontextspezifisch erlaubt, mit unterschiedlichen Belastungen mehr oder weniger gut umzugehen. Zentral für die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer vielseitig resilienten Psyche ist, so Walter, eine Lebensführung, die wir als sinnhaft und bereichernd erleben.
Im Verlauf des Buches präsentiert Walter den Lesern einen allgemeinen Einblick in das Verhältnis zwischen psychischer Gesundheit und Resilienz und liefert tiefere Einblicke in bestimmte zentrale Aspekte der Resilienz, die er kenntnisreich in ein umfassenderes Bild von Psychologie, Neurowissenschaften und Genetik einordnet. Er verdeutlicht etwa die zentrale Rolle der Emotionsregulation sowie die Bedeutung positiver sozialer Kontakte und sozialer Unterstützung für die Resilienz und beleuchtet die Entwicklung von Resilienz im Rahmen bisher erreichter Einsichten der (Epi-)Genetik und Neuropsychologie. Die Leser erhalten so neben tieferen Einblicken in die Resilienz en passant interessante Einsichten in breitere Forschungsfelder der Neurowissenschaften, Genetik und Neuropsychiatrie.
Ein weiterer Schwerpunkt ist Walters Kritik an der populären Ratgeberliteratur zum Thema Resilienz. Walter kritisiert präzise den Mangel an Evidenzbezug in dieser Literatur und die Notwendigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis der Resilienzförderung zu integrieren. Aus diesem Geist heraus präsentiert der Autor abschließend präventive Strategien und Interventionen, die das Potenzial haben, die psychische Gesundheit zu stärken und die Widerstandsfähigkeit zu fördern. Schließlich betont Walter, dass sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Rahmenbedingungen für psychische Gesundheit zu verbessern.
Das Buch richtet sich an ein breites Publikum: Interessierte Laien, Fachkräfte oder Menschen, die ihre eigene psychische Gesundheit stärken möchten. Es bietet tiefe Einblicke in ein komplexes Thema und kombiniert wissenschaftliche Präzision mit alltagstauglichen Impulsen.
Adrian Kind, Berlin
Publication History
Article published online:
04 March 2025
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Georg Thieme Verlag KG
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