Zeitschrift für Palliativmedizin 2025; 26(01): 13-14
DOI: 10.1055/a-2481-1587
Forum

17. Forum Palliativmedizin – Das Lebensende gestalten

Tradition im Wandel

In der christlichen Tradition symbolisiert die Zahl 17 alle Menschen, die durch die Erfüllung der 10 Gebote und der göttlichen Gnade (7 Gnadengaben des Heiligen Geistes) zur Seligkeit kommen – in der Zahlenmystik steht die 17 zumeist für Transformation und Veränderung.

Wie treffend: War doch die wiederum außerordentlich erfolgreiche Veranstaltung am 8.–9. November 2024 im Berliner Langenbeck-Virchow-Haus, die gleichzeitig letzte in der Verantwortung und unter der Leitung ihres Begründers und Spiritus Rectors, Prof. Dr. Friedemann Nauck. Mehr als 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in gewohnt multiprofessioneller Verteilung kamen zu den 16 Vorträgen und die traditionell dem eigentlichen Kongress am Freitagmorgen vorgeschalteten sechs Workshops waren ausgebucht.

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Prof. Dr. Friedemann Nauck leitete dieses Jahr zum letzten Mal das Forum Palliativmedizin. [rerif]

Für Interessierte, die nicht dabei sein konnten, lohnt sich auch nachträglich ein Blick in das Programm. Den dort aus organisatorischen Gründen mit N.N. gekennzeichneten Eröffnungsvortrag hielt in eindringlicher und berührender Intensität Prof. Dr. Christof Müller-Busch. Der ursprünglich als Eröffnung vorgesehenen Vortrag von Tobias Moretti ist übrigens in dieser Ausgabe nachzulesen (Tobias Moretti – Grenzwerte in der Palliative Care).

„Durch Leben und Tod – back to the future“ lautete der verheißungsvolle Titel des Abschlussvortrags von Dr. Gesine Benze und Prof. Dr. Henrikje Stanze. Starke Akzente setzten die beiden Nachfolgerinnen von Prof. Nauck in den Leitungsfunktionen des Forums durch ihr hervorragend getimtes Zusammenspiel in allerfeinster Poetry-Slam-Manier.

Das Auditorium verabschiedete sich vielstimmig und symbolträchtig unter der Leitung und instrumentalen Begleitung der Göttinger Musiktherapeutin Ulle Pfefferle mit dem Beatle-Klassiker „Let It Be.“ Am Ende: Riesenapplaus, stehende Ovationen und viele feuchte Augen.

Prof. Naucks für das Forum traditioneller und gleichermaßen letzter Abschluss, Zusammenfassung & Ausblick war geprägt von Zufriedenheit, Wehmut und Vorfreude auf Kommendes:

Nein, mögliche Angst vor den zukünftigen Herausforderungen sei bei seinen Nachfolgerinnen völlig unbegründet. „Man müsse gar nicht so furchtbar viel machen: Ideen sammeln, ein bisschen in die Zukunft blicken.“ Und weiter, nach großem Gelächter, „auch ein Stückchen zurückschauen. Ich glaube, dass wir in einer Zeit sind, in der die Palliativ- und Hospizversorgung nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern sehr unter Druck steht, das, was wir mal als Bürgerbewegung, als neue Form im Umgang mit Schwerkranken und Sterbenden entwickeln durften – darauf ist gestern und heute viel hingewiesen worden – bewahren können und uns gleichzeitig nicht abhängen lassen von den Dingen, die auf uns zukommen. Die uns im medizinethischen und rechtlichen Bereich herausfordern.“

Immer habe er, so Nauck, es als Riesengeschenk empfunden, für das Forum Menschen nach Berlin einladen zu dürfen, mit denen es gelingen konnte, ihm wichtige gedankliche Bögen zu spannen, wie jetzt aktuell mit Christof Müller-Busch, Christoph Ostgathe, Martina Kern und allen anderen Referierenden aus Österreich, der Schweiz, Luxemburg und Deutschland.

Als „gelerntem Krankenpfleger“, der acht Jahre in der Pflege gearbeitet habe, bevor er dann als Arzt habe tätig sein dürfen, sei ihm sehr präsent, wie bedeutsam Klarheit in der Aufgabenverteilung der jeweiligen Professionen im klinischen Kontext sei.

„Wir haben heute noch einmal die Möglichkeit gehabt zu verstehen, wie wichtig die Physiotherapie in der präventiven Versorgung ist; und gerade jetzt, wo es immer enger wird, Ressourcen knapper werden, wird ganz schnell geprüft werden: Braucht ihr das wirklich? Und dann die Musiktherapie: Sie haben gemerkt, wie schnell hier eine Verbindung und eine besondere Atmosphäre in diesem Raum ist. Ich habe am Freitag bei der Einleitung gesagt, wir sind hier unter uns, hier kann uns nichts passieren!“

Und in der Tat, dieses Gefühl, in einem geschützten Rahmen ein multiprofessionelles „Wir-Gefühl“ spüren zu können, macht den einzigartigen Reiz dieses Forums aus!

Darin, dass sich dieser Geist wird weiterentwickeln können, ist Friedemann Nauck sich sicher. Das hätten ihm bereits die zahlreichen positiven Rückmeldungen beim abendlichen Beisammensein gezeigt. „Sie werden einfach diesen Geist hoffentlich ein Stückchen weiterbringen können“, war seine sicherlich berechtigte Hoffnung. Sehr viel habe man über Studien, über Daten, über Ergebnisse gehört; viel über deren Interpretationsmöglichkeiten nachgedacht. Und auch darüber, wie wichtig es sei, sich in der hospizlichen und palliativen Versorgung in Zukunft nicht abhängen zu lassen – trotz großer technischer Herausforderungen, wie z. B. der Künstlichen Intelligenz (KI). Prof. Ostgathe habe in seinem Vortag „Von Lowtech zu Hightech – Paradigmenwechsel in der Palliativversorgung?“ mehr als den Hauch einer Anmutung davon vermitteln können. Darüber nachzudenken, wie wir die Zukunft gestalten. Nicht nur das Lebensende, sondern auch die Teamarbeit als ein wichtiges Kennzeichen hospizlichen und palliativmedizischen Wirkens. Ganz sicher sei er sich, dass Gesine Benze und Henrikje Stanze in ihrer Fortführung als wissenschaftliche Leitungen des Forums diesen Anforderungen gerecht würden. Wichtig sei ihm eines, beim Blick in die Zukunft des Forums in Zeiten wie diesen: „Das industrielle Zeitalter hat sich, so hat man immer gesagt, so schnell entwickelt wie nichts auf der Welt vorher. Und die KI hat das mehrfach überholt. Wir müssen aufpassen, dass wir, wenn wir KI in der hospizlichen palliativen Versorgung und Betreuung unserer Patienten mit aufnehmen, immer wissen: Da sitzen auch Leute dahinter, die Interessen haben, wirtschaftliche Interessen.“ Und – unter Hinweis auf die Ausführungen von Prof. Radbruch zur Frage „Haben wir die Opioid-Krise überwunden?“ – die unabdingbare Wichtigkeit der Industrie betont und als gleichermaßen wichtig, von ihr nicht käuflich zu sein!

Ein wichtiges und großes Dankeschön ging an Heike Müller, die nicht nur als Sekretärin und Assistenz am Göttinger Lehrstuhl, sondern auch in der Vorbereitung des jährlichen Forums eine unentbehrliche Hilfe war.

Und letztendlich: „Ganz herzlichen Dank für 17 Jahre Treue, Dabeisein, Mitmachen, Motivieren, kritisches Hinterfragen, aber v. a. für Vertrauen und Offenheit, die ich von Ihnen als Teilnehmer*innen, den zahlreichen Referent*innen und von den Mitarbeiter*innen der Äsculap-Akademie erlebt habe. Wir haben sehr, sehr gut all die Jahre zusammengearbeitet und ich denke, das wird auch genauso weiter bleiben. In diesen Raum, der bereits für das nächste Jahr am 7. und 8. November 2025 für das 18. Forum Palliativmedizin 2025 gebucht ist. Das ist extrem wichtig, weil ich glaube, es gibt keinen schöneren Raum für ein Forum, für einen Bereich, in dem man diesen Austausch haben kann!“

Manfred Gaspar, Kiel



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
03. Januar 2025

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