Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2025; 32(02): 101-102
DOI: 10.1055/a-2528-6025
Gesellschaft
BExMed

Liebe Mitglieder und Interessierte der BExMed,

die Schlagzeile, die das Höhenbergsteigen in den letzten Wochen in den Medien dominierte, war die Ankündigung der Firma Furtenbach Adventures die Chomolungma (Mt. Everest) in nur 3 Tagen von Kathmandu aus besteigen zu wollen. Dies soll durch die Inhalation von Xenon, einem Edelgas, welches auch als Narkosegas Verwendung findet, möglich werden. Nach der Inhalation des Gases in Kathmandu unter ärztlicher Aufsicht erfolgt ein Hubschraubertransport ins Basislager. Direkt im Anschluss ist die Gipfelbesteigung unter Zuhilfenahme von Sauerstoff und mehreren Sherpas pro Klienten innerhalb von 3 Tagen geplant, mit anschließendem Rückflug nach Kathmandu. Diesem Programm ist eine mehrwöchige Akklimatisation durch Hypoxietraining vorgeschaltet, wie sie bereits seit einigen Jahren bei den Everest-Flash-Expeditionen erfolgreich durchgeführt wird, bei denen der höchste Berg der Erde innerhalb von rund 3 Wochen bezwungen wird.

Neben seiner narkotisierenden Wirkung induziert Xenon die Ausschüttung von Erythropoetin und damit die Erythropoese. Eine erhöhte Hämoglobinkonzentration erleichtert es dem Körper, besser mit dem verringerten Sauerstoffangebot in großen Höhen zurechtzukommen. Zur Erythropoetinausschüttung sind deutlich geringere Mengen notwendig, als sie bei einer Narkose mit Xenon erforderlich sind. Xenon steht deshalb seit 2014 auf der Liste der verbotenen Substanzen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und wurde von Russland im Ausdauersport angewendet. Da Höhenbergsteigen jedoch kein Wettkampfsport ist, sind Reglementierungen der WADA nicht bindend.

Die Medical Commission der UIAA (Union Internationale des Associations d’Alpinisme) hat am 22. Januar 2025 eine erste Stellungnahme zur Verwendung von Xenon beim Höhenbergsteigen veröffentlicht (s. Internetlinks). Zwar steigere Xenon die Ausschüttung von Erythropoetin, jedoch führt dies nicht zu einer unmittelbaren Erhöhung der roten Blutkörperchen, da die Erythropoese einige Wochen in Anspruch nimmt. Auch wird auf potenzielle Nebenwirkungen von Xenon hingewiesen, die einen Off-Label-Use unter unkontrollierten Bedingungen verbieten.

INTERNETLINKS

WADA amends Section S. 2.1 of 2014 Prohibited List. 30 May 2014:
https://www.wada-ama.org/en/news/wada-amends-section-s21–2014-prohibited-list

UIAA. Statement on xenon and high-altitude mountaineering. 22 Jan 2025:
https://www.theuiaa.org/statement-on-xenon-and-high-altitude-mountaineering/

Inwieweit die geplante Everest-Besteigung nicht nur medizinisch, sondern auch wissenschaftlich begleitet wird, ist nicht bekannt. Neben der rein wissenschaftlichen Diskussion bezüglich der Wirksamkeit und potenzieller medizinischer Risiken spalten auch ethische Sichtweisen die Bergsteigergemeinde. Gibt es überhaupt Doping beim (Höhen-)Bergsteigen außerhalb von Wettkämpfen? Ist die Einnahme von Medikamenten zur Prophylaxe von Höhenerkrankungen bereits Doping oder ist dies Präventivmedizin? Welche technischen Hilfsmittel sind legitim, welche nicht? Unabhängig von diesen Fragen gilt es nun zunächst einmal abzuwarten, wie die geplante Everest-Besteigung verläuft und welche Daten hierzu vom Veranstalter veröffentlicht werden. Nur so wird es möglich sein, zumindest einige der wissenschaftlichen Diskussionspunkte zu objektivieren. Was ethisch erlaubt ist und was nicht, das wird letztlich jeder für sich selbst entscheiden müssen.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
09. April 2025

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