ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2008; 117(9): 456-457
DOI: 10.1055/s-0028-1089989
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Interview mit Prof. Frankenberger zu Total-Etch-Adhäsiven - "XP Bond ist ein zuverlässiges System"

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Publication Date:
29 September 2008 (online)

 

Adhäsive sind in der modernen Zahnheilkunde von zentraler Bedeutung und entscheiden häufig auch über den Erfolg prothetischer oder implantologischer Maßnahmen. Daher schreitet die Entwicklung möglichst verlässlicher und leistungsfähiger Adhäsive ständig voran, um dem Behandler ein optimales Repertoire sicherer Komponenten für die Befestigung von Restaurationen bieten zu können. Heute stehen auch Self-Etch-Adhäsive sowie selbstadhäsive Zemente zur Verfügung, jedoch kann für viele Anwendungen nach wie vor nicht auf ein solides Total-Etch-Adhäsiv verzichtet werden. Was ein solches klassisches Adhäsiv auszeichnet, erläutert Prof. Roland Frankenberger, Universitätsklinikum Erlangen, einer der führenden Adhäsiv-Experten Deutschlands, im Gespräch mit Dentalfachjournalist Gerhard Frensel.

? Herr Professor Frankenberger, was würden Sie heutzutage als die wichtigsten Faktoren für ein Spitzenprodukt im Bereich Total-Etch-Adhäsive ansehen?

Frankenberger: Ich halte vor allem eine geringe Techniksensitivität für wichtig. Außerdem ist ein ordentliches Portfolio an guten In-vitro-Daten erforderlich, die zeigen, dass das verwendete Produkt auch in der Langzeitanwendung gute Ergebnisse liefern kann. Dies sind für mich die wichtigsten Punkte.

? Galt dies aus Ihrer Sicht schon immer oder haben sich diese Punkte durch die Einführung neuer Produktklassen - wie beispielsweise selbstätzende Adhäsive - verändert?

Frankenberger: Dies gilt aus meiner Sicht grundsätzlich, aber - so mein Credo - ganz besonders für Total-Etch-Adhäsive. Die Bedeutung der Anwendungssicherheit hat durch die neuen Produktklassen sogar eher noch zugenommen. Gerade bei simplifizierten Adhäsiven wird oft behauptet, dass sie in der Anwendung viel einfacher wären - häufig stimmt dies aber gar nicht. Es ist doch so: Ein Produkt muss eine Top-Leistung im Labor erbringen, vor allem aber beim Endverbraucher zuverlässig funktionieren. Ein gutes Beispiel ist das Trocknen des Dentins. Hier besteht für jedes Adhäsiv ein spezifisches "Window of Opportunity" - also eine gewisse Streubreite der Parameter, die noch zu guten Ergebnissen führt. Ich habe bei vielen Seminaren festgestellt, dass jeder Anwender ein wenig anders trocknet. Adhäsive, die in dieser Hinsicht empfindlich sind, werden deshalb immer unzuverlässige Ergebnisse bringen. Dies schränkt die Anwendungssicherheit dann leider ein. Und daran erkennt man eben gute Adhäsive, denn bei ihnen ist die Reproduzierbarkeit hochwertiger Ergebnisse deutlich wahrscheinlicher. Mit solchen Produkten wird ein Behandler dann tatsächlich in der eigenen Praxis die Adhäsiv-Leistung aus den Labortests des Herstellers erreichen können.

? Wie sind in diesem Zusammenhang die beiden klassischen Adhäsiv-Benchmarks, Haftwerte und Versiegelung bzw. Randdichtigkeit, hinsichtlich ihrer Relevanz für den Anwender zu beurteilen?

Frankenberger: Gute Leistung in diesen beiden Bereichen ist unabdingbar. Dass die Labordaten zu Haftwerten und Randdichtigkeit stimmen, ist für mich die Basis für jedes moderne Adhäsiv am Markt. Dies gilt ganz besonders für hochwertige Etch&Rinse-Adhäsive. Darüber hinaus muss das Produkt aber auch unter realen Praxisbedingungen funktionieren - im nächsten Schritt. Dies ist dann eigentlich auch für den Endverbraucher das Wichtigste.

? Sie hatten im letzten Jahr eine Studie zum Thema "Randdichtigkeit bei adhäsiv befestigten Inlays" veröffentlicht. Wie beurteilen Sie die dort gewonnenen Ergebnisse?

Frankenberger: Zusammenfassend lässt sich aus dieser Studie, die ja in vitro durchgeführt wurde, schlussfolgern, dass sich mit allen hochwertigen Etch&Rinse-Adhäsiven generell hervorragende Ergebnisse, sowohl bezüglich der Randqualität am Schmelz als auch am Dentin, erzielen lassen.

? Wie beurteilen Sie die Ergebnisse des Total-Etch-Adhäsivs XP BOND von DENTSPLY in dieser Studie?

Frankenberger: Es zeigte sich gerade im Vergleich z.B. mit Syntac, welches ja auch oft als Goldstandard dargestellt wird, dass XP BOND sich absolut auf einer Ebene mit diesem führenden Produkt befindet.

? In Ihrer Studie hatten Sie mit XP BOND eine 2. Testreihe durchgeführt, bei der das Adhäsiv mit dem Self-Cure-Activator (SCA) und dem Komposit Calibra ohne eine separate Lichthärtung der Adhäsiv-Schicht eingesetzt wurde. Wie bedeutsam ist aus Ihrer Sicht dieser "Dunkelhärtungsmodus"?

Frankenberger: Für mich ist XP BOND eines der wenigen Produkte, bei denen dieser Modus wirklich durchdacht ist. Man sollte aus meiner Sicht - dies sage ich auch in jeder Fortbildung immer wieder gern - die Möglichkeit einer sicheren Dualhärtung gerade bei der adhäsiven Befestigung nicht unterschätzen. Oft kommt, insbesondere unter klinischen Bedingungen, nicht so viel Licht an die relevanten Bereiche, wie wir es uns wünschen würden. Da ist die Kombination mit XP BOND, SCA und Calibra eine runde Sache. Ich kann mich hier darauf verlassen, dass wirklich eine Dualhärtung stattfindet. Wenn ich mit einer Polymerisationslampe arbeite, und nicht weiß, wie viel Licht wirklich unter meine Restauration kommt, habe ich bei diesem System wesentlich mehr Sicherheit als mit Produkten, die eine Lichthärtung zwingend erforderlich machen.

? Bei welcher Anwendung ist dies besonders relevant?

Frankenberger: Dies ist generell wichtig. Bleiben wir einfach einmal beim Beispiel der Inlays: Wenn ich vorab keine Aufbaufüllung erstelle, ist so ein Inlay gern einmal 8 mm dick. Aufgrund unserer Ergebnisse kann ich mir dann nicht mehr sicher sein, ob in der Tiefe noch genug Licht ankommt. Während man bei vielen Produkten viel auf Empirie vertraut, haben wir bei XP BOND erheblich mehr aussagekräftige Daten, was die Durchhärtung in der Tiefe anbelangt. Als Ergänzung auch noch der Hinweis, dass in der Untersuchung auch die Kombination eines selbstätzenden Adhäsivs mit "Dual Cure Activator" und dualhärtendem Zement getestet wurde. Gerade wenn ich eine höckerstabilisierende Wirkung erzielen möchte, hat sich hier gezeigt, dass man auf die Phosphorsäure-Ätzung im Schmelz nicht verzichten kann. Damit spricht bei der indirekten Anwendung dann in den meisten Fällen wieder alles für Etch&Rinse.

? Wie schnitten die selbstadhäsiven Zemente in Ihrer Untersuchung ab?

Frankenberger: Die selbsthaftenden Zemente haben sich in unserer Untersuchung voneinander unterschieden. Maxcem schnitt hierbei generell schlechter ab als alle anderen getesteten Materialien. RelyX Unicem zeigte eine relativ gute Versiegelung am Dentinrand, jedoch kann man generell für die selbstadhäsiven Zemente sagen, dass durch den Verzicht auf eine separate Phosphorsäure-Ätzung deutliche Schwächen im Schmelzverbund auftreten.

? Gibt es aus Ihrer Sicht Anwendungen, bei denen der Einsatz eines selbstadhäsiven Zements sinnvoll erscheint?

Frankenberger: Gerade bei Keramik-Inlays oder ähnlichen Anwendungen ist es generell schwer, mit selbstadhäsiven Zementen ein hochwertiges Ergebnis zu erzielen. Hier muss sehr oft auf höckerstabilisierende Effekte vertraut werden. Aufgrund der derzeitigen Datenlage bin ich nicht überzeugt, dass dies ohne selektive Schmelzätzung in der klinischen Situation flächendeckend funktioniert.

Auf der anderen Seite stehen die Marktzahlen für diese Produkte. Es ist bemerkenswert, welche Verkaufszahlen mit selbstadhäsiven Zementen erreicht werden. Hier spielt sicherlich der Faktor einer möglichst einfachen Anwendung in der täglichen Praxis eine Rolle.

? Würden Sie, auf der Basis Ihrer Erfahrungen, XP BOND Ihren Kollegen empfehlen?

Frankenberger: Ja, ich würde XP BOND grundsätzlich empfehlen, weil es außergewöhnlich reichhaltig getestet worden ist und die Ergebnisse durch die Bank gut sind - die extrem große In-vitro-Datenmenge finde ich sehr begrüßenswert. Aus unserer Untersuchung habe ich außerdem gesehen, dass es gerade in der Dunkelhärtung ein sehr zuverlässiges System ist.

! Vielen Dank für das Interview.

Prof. Roland Frankenberger: Jahrgang 1967, Studium der Zahnheilkunde an der Universität Erlangen-Nürnberg 1987-1992, Promotion 1993, 1999 Habilitation und Venia legendi, Ernennung zum apl. Professor an der FAU Erlangen 2006