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DOI: 10.1055/s-0028-1094504
Zum Entscheidungszwang in der begrifflich-nosologischen Zuordnung depressiver Syndrome und seiner Bedeutung für das therapeutische Konzept
The Process of Decision in the Categorical-Nosological Classification of Depressives Syndromes and its Importance for the Concept of TherapyPublication History
Publication Date:
20 January 2009 (online)

Zusammenfassung
Ausgehend davon, daß das psychiatrische Denken sehr stark von den begrifflichen Vorgegebenheiten abhängt, wird der Versuch unternommen, die Rigidität des herkömmlichen Systems der nosologischen Zuordnung depressiver Syndrome speziell unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Obwohl eine zunehmende Zahl von Kollegen in Theorie und Praxis eine multikonditionale, mehrdimensionale und mehrschichtige Betrachtung depressiver Bilder vertritt und von der Verflechtung endogener und psychogener Faktoren bei der Mehrheit der Depressionen überzeugt ist, schlägt diese Überzeugung nicht auf die verwendeten Begriffe durch. Nach wie vor wird mittels der gebräuchlichen diagnostischen Schemata eine monokausale Einteilung in endogene und psychogene Depressionen erzwungen. Daß dieser Zwang zu einer längst überholten Alternativdiagnostik so geduldig hingenommen wird, zeugt von der Macht der überkommenen Begriffe über unsere Einstellung. Anzustreben ist daher, daß die vorherrschenden Überzeugungen tatsächlich begriffsbildend wirksam werden, z.B. in der Erarbeitung einer Bezeichnung für eine nosologische Hauptgruppe, die als Sammelgruppe mehrschichtig oder multikonditional zu interpretierender depressiver Bilder definiert ist. Ein solcher Schritt hätte bedeutsame Konsequenzen für das therapeutische Konzept und die therapeutische Praxis. Während die herkömmliche Alternativdiagnostik unterschwellig immer mehr oder weniger auch eine Alternativtherapie suggeriert und damit in der Regel auch zu einer einseitigen therapeutischen Schwerpunktsetzung im Verhältnis Pharmakotherapie/Psychotherapie fuhrt, könnte bei einer besseren begrifflichnosologischen Differenzierung des Depressionsspektrums auch die Aufstellung von Gesamtbehandlungsplänen differenzierter und fundierter erfolgen.
Summary
Proceeding from the fact psychiatric thinking is very much based on fixed categories we try to study the rigidity of the traditional system of nosological classification of the depressive syndromes. Though an increasing number of colleagues advocates a multiconditional or complex analysis of depressive states in theory and praxis, and in their majority is convinced of an involvement of both endogenous and psychogenic factors in most depressions, this conviction seems not to influence the use of those traditional categories. A classification of endogenous and psychogenic depressions corresponding to the accustomed diagnostical schemes is being applied. The general acceptance of this coercion to an absolute alternative diagnosis reveals us the reign of traditional categories in our mental attitude. Thus, we must aspire to create denotations for a nosological main-group of depressive states that will be interpreted multi-conditional. Such a step would have extensive consequences for our treatment, concepts. The traditional alterantive diagnostics still suggest the possibility of an alternative therapy and thus mainly tend to a single-track accentuation in either pharmacological or psychological therapy. Provided a better categorial and nosological differentiation of the depressive spectrum, the construction of integrated plans of therapy could be achieved in a more differentiated and better founded way.