Pneumologie 2008; 62(11): 639
DOI: 10.1055/s-0028-1098064
Pneumo-Fokus

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Allergologie - Geringere Feinstaubbelastung hält die Lunge länger fit

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Publication Date:
06 November 2008 (online)

 

Durch das interdisziplinäre Schweizer Forschungsprojekt SAPALDIA (Swiss Cohort Study on Air Pollution And Lung Diseases in Adults), das sich mit dem Zusammenhang zwischen langfristiger Luftschadstoffbelastung und der Gesundheit befasst, besonders im Hinblick auf die Atemfunktion, ist nun erstmals der Nachweis gelungen, dass auch Erwachsene langfristig von einer Verbesserung der Luftqualität profitieren (N Engl J Med 2007; 357: 2338–2347).

Die Querschnittstudie SAPALDIA I diente dem Bundesrat 1998 als wissenschaftliche Grundlage für die Einführung der Immissionsgrenzwerte für Feinschwebe-staub, also für Partikel mit einem Durchmesser unter 10 µm (PM10). Die Studie wurde 1991 mit 9651 zufällig ausgewählten Personen an 8 Orten durchgeführt, und zwar in ländlichen Gebieten (Payerne, Wald), städtischen Agglomerationen (Aarau, Basel, Genf, Lugano) und Bergregionen (Davos, Montana). Für SAPALDIA II wurden dieselben Personen im Jahr 2002 erneut zur Befragung und Untersuchung eingeladen. Fast 90% der Probanden nahmen auch diesmal an der Studie teil. In den 11 Jahren, welche die Erhebungen von SAPALDIA I von SAPALDIA II trennen, verringerte sich die Feinstaubbelastung an allen 8 untersuchten Orten um 4,2–7,5%.

Die Frage lautete, ob sich die Gesundheit von Personen, die einer hohen Schadstoffbelastung der Luft ausgesetzt sind, schneller verschlechtert als von Personen, die in einer weniger stark belasteten Umgebung leben. "Über die kurzfristigen Effekte der Feinstaubbelastung ist relativ viel bekannt", sagt Ursula Ackermann-Liebrich, Co-Leiterin des Projektes vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel. Als schwieriger hat es sich erwiesen, den langfristigen Einfluss von Luftschadstoffen zu belegen.

"Mit dem Alter nimmt die Lungenfunktion ab", erklärt Thierry Rochat, Pneumologe am Universitätsspital Genf und Mitautor der Studie. Welche Rolle dabei die Luftqualität spielt, war vor SAPALDIA II wenig untersucht. Genaue Auskunft über die individuelle Entwicklung der Lungenfunktion lieferte den Forschern die Spirometrie.

Zu Beginn der Studie lautete unsere Hypothese: Je stärker der Rückgang der Luftschadstoffbelastung, desto geringer sollte die altersbedingte Abnahme der Lungenfunktion sein", sagt Ursula Ackermann. Diese Hypothese konnte nun belegt werden. "Die altersbedingte Abnahme der Lungenfunktion war dabei im Durchschnitt umso geringer, je stärker sich die Luftqualität im Wohngebiet einer Person verbessert hatte", sagt Thierry Rochat. Auch Erwachsene profitieren also langfristig von einer Verbesserung der Luftqualität. Der bisherige Wissensstand beruhte auf Studien aus Kalifornien, die bei Kindern und im Wachstum befindlichen Jugendlichen eine Verbesserung der Lungenfunktion beobachteten, wenn diese aus Gegenden mit starker Feinstaubbelastung an weniger verschmutzte Orte umzogen.

Besonderes Gewicht legen die Forscher auf die Tatsache, dass eine Reduktion der Feinstaubbelastung sowohl in städtischen Gebieten als auch in Höhenkurorten bei den untersuchten Personen zu verbesserter Lungenfunktion geführt hat. Die Schweiz weist keine hoch verschmutzte Luft auf, aber auch in Regionen mit guter Luftqualität hat der Unterschied einen Effekt. "Da die Verbesserung an allen 8 Messorten nachweisbar ist, können die Resultate der Studie nun zur Festlegung von langfristigen Grenzwerten für Luftschadstoffe herangezogen werden", so Ursula Ackermann.

Messung des über die Lungen ausgeatmeten Luftvolumens und Luftrstroms mithilfe eine Spirometers (Bild: Alain Herzog, SNF)

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